Unfälle mit Pedelecs haben inzwischen einen hohen Anteil an den Fahrradunfällen insgesamt. Überproportional oft sind ältere Menschen betroffen. Als Grund gilt mangelnde Fahrsicherheit zusammen mit der hohen Geschwindigkeit der E-Räder.

Warum der 82-Jährige auf einem Feldweg bei Dettingen/Teck die Kontrolle über sein E-Bike verloren hat, weiß niemand. Der Sturz hatte aber die schlimmste Folge: Einige Tage nach dem Unfall am 6. August 2022 ist der Mann im Krankenhaus gestorben. Ähnlicher Fall: Ein 85-jähriger Pedelecfahrer stürzte beim Abbiegen auf einer abschüssigen Straße in Stuttgart im November 2022 so schwer, dass er in der Klinik an seinen Verletzungen starb. Mehr Glück im Unglück hatte ein 74-jähriger am 29. Mai 2022 in Wernau. Auf einem Weg in Verlängerung der Lange Straße fiel er aus ungeklärter Ursache vom E-Bike. Auch er musste im Krankenhaus behandelt werden, kam aber mit dem Leben davon.

 

Auffällige Gemeinsamkeiten

Drei schwere Unfälle mit auffälligen Gemeinsamkeiten: Kein anderer Verkehrsteilnehmer war beteiligt, alle drei Radler waren höheren Alters und fuhren Fahrräder mit elektrischer Antriebshilfe. Zufall sind diese Gemeinsamkeiten nicht, schaut man in die Unfallstatistik der Polizei. Vier der insgesamt sechs Radfahrer und Radfahrerinnen, die 2020 bis 2022 im Kreis Esslingen tödlich verunglückten, saßen auf einem Pedelec. Von diesen waren drei über 74 Jahre alt, darunter eine 75-Jährige, die keinen Helm trug.

Generell sind an Pedelecunfällen Menschen über 65 überproportional oft beteiligt: laut Schätzungen der Polizei mit einem Drittel. In der Mehrzahl der Fälle – rund 75 Prozent – haben verunglückte ältere E-Radler den Unfall selbst verursacht. Hoch, wenn auch nicht exakt beziffert, ist der Anteil ohne Beteiligung anderer Verkehrsteilnehmer.

Flottes Flitzen? Mühelos, aber gefährlich

Die Polizei rät deshalb zu besonderer Vorsicht. Das Tragen eines Helms sollte für alle Radfahrer selbstverständlich sein, ein vorsichtiges und rücksichtsvolles Fahrverhalten ebenso. Als spezielles Pedelec-Problem gilt die relativ hohe Geschwindigkeit, die auch von untrainierten Fahrerinnen und Fahrern mühelos erreicht werden kann. Bei flottem Flitzen ist der Bremsweg und die Reaktionszeit länger als erwartet. Plötzliche Hindernisse oder überraschende Bewegungen von Fußgängern, Hunden, Autos oder anderen Radfahrern können schnell zu Kontrollverlust, Kollision und Sturz führen.

Die Polizei rät daher, „das Fahren zunächst unter Anleitung von Profis zu üben“: in Kursen, wie sie zum Beispiel der ADFC Esslingen anbietet. Nicht wenige ältere Pedelecnutzer sind Jahre oder Jahrzehnte nicht mehr Rad gefahren. So auf Tour zu gehen, kann gefährlich, im Extremfall tödlich werden. Doch auch ohne Hindernisse birgt der Tempomacher Gefahren. Zum Beispiel erhöht das schwerere Gewicht der E-Bikes das Risiko, dass Fahrer bei unebener oder verschmutzter Fahrbahn sowie bei Unachtsamkeit aus der Balance geraten und stürzen.

Rund zehn Millionen Pedelecs sind mittlerweile in Deutschland im Verkehr – ein enormer Zuwachs in den vergangenen Jahren mit weiter steigender Tendenz. Stärker als die Verkaufszahlen wuchs aber der Anteil der Pedelec-Unfälle an der Gesamtzahl der Fahrradunfälle – im Kreis Esslingen hat er sich von knapp 16 Prozent im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019 auf knapp 32 Prozent im Jahr 2022 verdoppelt. Während die Zahl der Fahrradunfälle insgesamt im Kreisgebiet zuletzt abnahm – von 609 im Jahr 2020 auf 505 im Jahr 2022 (Durchschnitt 2017 bis 2019: 479) –, stieg jene der Pedelec-Unfälle 2020 sprunghaft an (auf 153 von durchschnittlich 76 der Jahre 2017 bis 2019). Seither nahm sie nur leicht zu (2022: 160 Unfälle). Das Risiko, bei einem Unfall schwer verletzt zu werden, lag 2022 bei Pedelecfahrern im Kreis mit 22,5 Prozent deutlich über dem der übrigen Radfahrer mit 15 Prozent.

Crashkurs zur Crashprävention

Kurse finden sich bei: radfahrschule.adfc.de/radfahrschule/esslingen-radfahrschule-fuer-erwachsene