Laut dem Dresdner Politologen Werner J. Patzelt hat die Pegida-Bewegung ihren Zenit überschritten und steht vor dem Zerfall. Die Bewegung bestünde mehrheitlich aus "besorgten Gutwilligen", aber auch etwa zu einem Drittel aus Rechten.

Dresden - Rund ein Drittel der Pegida-Anhänger sind laut einer Studie der TU Dresden rechtsnationale Fremdenfeinde. Die große Mehrheit der Menschen aber, die in den vergangenen Wochen und Monaten in Dresden mit dem islamkritischen Bündnis auf die Straße gingen, bestehe jedoch aus mit Politik, Parteien und Medien unzufriedenen Bürgern, sagte der Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt am Dienstag bei der Vorstellung der Ergebnisse der nicht repräsentativen Untersuchung. Er sieht die Bewegung bereits im Zerfall begriffen.

 

In Deutschland gebe es allgemein eine „Unzufriedenheit der Bürgerschaft mit ihrer politischen Klasse und dem nach links gerückten Diskurs“, sagte Patzelt, der an der Technischen Universität nicht unumstritten ist. Ostdeutschland und insbesondere Dresden böten günstige Umstände, „dass sich dieses Magma von Unzufriedenheit genau hier in dieser Vulkaneruption ergossen hat“. Nun sei der Vulkan explodiert. „Jetzt regnet es nur noch Asche. Und dann wird wieder Ruhe sein“, sagte Patzelt. Die Ergebnisse der Studie, an der drei Masterstudenten und weitere Interviewer beteiligt waren, beruhen auf deren Beobachtungen bei den Demonstrationen seit November und auf Befragungen der Teilnehmer bei drei Kundgebungen im Dezember und Januar. 242 von knapp 500 angesprochenen Demonstranten ließen sich demnach interviewen.

Große Mehrheit "besorgte Gutwillige"

Die große Mehrheit von fast zwei Dritteln der Pegida-Anhänger bezeichnete Patzelt als „besorgte Gutwillige“, knapp zehn Prozent als „empörte Gutwillige“. Gut drei Viertel der Befragten sähen sich selbst als „deutsche Patrioten“.

Auch wenn die Unzufriedenheit mit Politik und Medien im Vordergrund stehe, seien Fremden- und Islamfeindlichkeit (Xenophobie und Islamophobie) Kristallisationspunkte der gemeinsamen Empörung. Fast die Hälfte der Demonstranten könne sich noch nicht einmal einen zu Deutschland gehörenden Islam vorstellen, „der so friedlich ist wie gegenwärtig das Christentum“, sagte Patzelt. Ihre politischen Hoffnungen setze die Mehrheit in die AfD.

Nach der Spaltung der Pegida-Führung in ein Lager um Gründer Lutz Bachmann, der über ein „Hitler-Selfie“ und ausländerfeindliche Beleidigungen gestolpert war, und eines um Ex-Sprecherin Kathrin Oertel, rechnet Patzelt beiden Gruppen keine große Anziehung mehr zu. „Hinter Bachmann werden nicht allzu viele hinterherlaufen. Und hinter einer Bewegung, die für mehr Bürgerentscheide und hinlänglich viel Geld für die öffentliche Sicherheit steht - das wird auch nicht furchtbar viele Leute mobilisieren.“

Oertel hatte zusammen mit fünf weiteren Pegida-Abtrünnigen die Gründung des Vereins „Direkte Demokratie für Europa“ angekündigt und für diesen Sonntag zu einer Kundgebung vor der Dresdner Frauenkirche aufgerufen. Pegida will am Montag wieder auf die Straße gehen.

Laut Patzelt gilt es nun, „für das Abklingen eigentlich unnötiger Feindschaft und das Einebnen von Gräben“ zu sorgen. In jüngster Zeit war er selbst wegen seines Umgangs mit Pegida in die Kritik geraten. Studierende und wissenschaftliche Mitarbeiter der TU warfen ihm vor, fremdenfeindliche Bestrebungen zu verharmlosen.

Den Vorhalt, er agiere mehr als Politiker und weniger als Wissenschaftler, wies er zurück. Er sei seiner Verpflichtung als „öffentlicher Intellektueller“ und Vertreter einer praktischen Wissenschaft gerecht geworden: „Ich habe mich nie als politischen Eunuchen verstanden... und werde mich auch hoffentlich nie politisch kastrieren lassen.“