Der drastische Anstieg der Corona-Infektionen hat beim Autobauer Daimler bisher nicht zu Produktionsausfällen geführt. Der Krankenstand sei nur leicht gestiegen, berichtet die neue Personalchefin Sabine Kohleisen.

Stuttgart - Der rapide Anstieg der Corona-Infektionen in Deutschland hat beim Autobauer Daimler bisher nicht zu Problemen in der Fertigung geführt. „Es gab noch keinen Stillstand in der Produktion. Wir hoffen, dass wir weiterhin so gut durchkommen“, sagte die neue Daimler-Personalvorständin Sabine Kohleisen bei einer Veranstaltung des Wirtschaftspresse-Clubs Deutschland. „Wir sehen leicht steigende Krankenstände quer durch die Republik“, berichtete die Managerin. Die Diplom-Kauffrau ist die erste Frau an der Spitze des Personalressorts des Stuttgarter Konzerns.

 

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Personalchef Porth hört vorzeitig auf

Kohleisen (57) berichtete, dass sich Daimler gut auf eine weitere Verschärfung der Pandemie vorbereitet habe. „Spätestens seit März 2020 ist jedem klar geworden, dass man Notfallpläne braucht“, sagte die Personalchefin. Damals stoppte der Konzern wegen der Ausbreitung der Infektionen die Produktion in den europäischen Werken für zwei Wochen und schickte den Großteil der Mitarbeiter mit Bürojobs ins Homeoffice, um Infektionsketten zu unterbrechen. Danach wurden zum Gesundheitsschutz vielfältige Hygienemaßnahmen erarbeitet und später ein Impfprogramm gestartet.

Daimler hat Notfallpläne in der Schublade

Heute habe man für alle Situationen Notfallpläne in der Schublade, sagte Kohleisen. Dazu zähle die Streichung von Schichten, die Schließung von Teilbereichen oder die Vorbereitung für den verstärkten Einsatz von Leiharbeitern. Besondere Vorsichtsmaßnahmen habe man für die kritische Infrastruktur, wie die Werksfeuerwehr, getroffen. Damals seien alle möglichen Szenarien durchgespielt worden. Seitdem sich die besonders ansteckende Omikron-Variante ausbreitet, habe man all diese Szenarien überprüft. „Corona treibt uns arg um“, sagte die Personalchefin.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: So punkten Bewerber bei Daimler

Insgesamt zeigte sich Kohleisen zufrieden damit, wie der Konzern bisher durch die Coronakrise gekommen ist. „Ich finde es großartig, wie es gelungen ist, in diesen Coronazeiten erfolgreich zu arbeiten.“ Die Mannschaft habe hervorragende Arbeit geleistet, sowohl unter erschwerten Bedingungen in den Fabriken als auch im Homeoffice. „Es funktioniert wirklich super“, sagte die Daimler-Managerin.

Etliche Mitarbeiter wollen wieder ins Büro

Bei den Beschäftigten im Homeoffice ist die Stimmung nach ihren Angaben nach wie vor gut. Man spüre aber deutlich, dass ein Teil der Beschäftigten das Bedürfnis habe, wieder ins Büro zu kommen, wenngleich nicht die ganze Woche. Die Beschäftigten wollten auch in der Kaffeeküche stehen und sich mit Kollegen austauschen. „Wir fiebern dem Auslauf der behördlichen Anordnung zum Homeoffice entgegen“, sagte Kohleisen. Die aktuellen Regelungen des Infektionsschutzgesetzes verlangen noch, dass Arbeitgeber überall dort, wo es möglich ist, Homeoffice anbieten müssen. Diese Regelungen gelten bislang bis zum 19. März. Eine Verlängerung um drei Monate ist möglich.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Wie viel verdient man bei Daimler?

Sabine Kohleisen hat im Dezember als Nachfolgerin des langjährigen Personalvorstands Wilfried Porth einen schwierigen Job übernommen. Neben den Corona-Auswirkungen sowie Produktionsunterbrechungen durch einen Chipmangel muss die Transformation der Autoindustrie hin zu Elektromobilität und Digitalisierung bewältigt werden. „Ich glaube, es gab keine Zeit, in der das Personalressort wichtiger und stärker gefordert war, um diesen Wandel zu begleiten und zu unterstützen“, sagte Kohleisen.

Nur wenige Mitarbeiter wechseln zur Kultmarke Tesla

Der technologische Umbruch führt perspektivisch ab Mitte des laufenden Jahrzehnts besonders in den Motoren- und Getriebewerken dazu, dass es Probleme bei der Beschäftigung geben könnte. Daimler versucht beispielsweise im Werk Untertürkheim mit vielen Maßnahmen gegenzusteuern, wie dem Bau eines Kompetenzzentrums für Elektromobilität. Zudem werden Abfindungen angeboten, der Wechsel in ein Montagewerk, wie nach Sindelfingen, wird mit einer Prämie honoriert.

Darüber hinaus müssen die Mitarbeiter für die neuen Aufgaben geschult werden und neue Beschäftigte gewonnen werden, die fit für die Digitalisierung sind. So sollen etwa 3000 Mitarbeiter mit besonderen Software-Kenntnissen eingestellt werden, davon allein 1000 in Sindelfingen. Diese Experten sind in der gesamten Branche sehr gefragt. Kohleisen ist aber zuversichtlich, dass Daimler in diesem „War for Talents“ (Kampf um die Besten) punkten werde. Die Managerin wies Berichte zurück, wonach Daimler-Mitarbeiter angeblich scharenweise ins neue Werk des Elektroautobauers Tesla bei Berlin wechseln. Demnach werden nur wenige Beschäftigte von der amerikanischen Marke angezogen. Mit einer Zahl wollte sie dies aber nicht unterfüttern. Die Zahl der Wechsler sei aber „extrem vernachlässigbar“.

Immer mehr Personalverantwortung

Sabine Kohleisen hat vor ihrem Aufstieg in die oberste Führungsriege zunächst vielfältige Aufgaben im Vertriebsbereich absolviert, bevor ihr Aufgabengebiet im Personalbereich Schritt für Schritt erweitert wurde. So war die gebürtige Pfälzerin, die 1990 als Nachwuchsverkäuferin bei Mercedes-Benz begonnen hatte, von 2010 an zunächst für die Führungskräfte im Vertriebsbereich zuständig, dann Chefin der konzerneigenen deutschen Niederlassungen und seit 2019 Personalchefin des Autoherstellers Mercedes-Benz. Zwischendurch war die Mutter von zwei Söhnen in Elternzeit und machte nach dem Wiedereinstieg zunächst Jobsharing. Nach der Abspaltung des Lastwagen- und Busherstellers Daimler Truck im vergangenen Jahr arbeiten aktuell weltweit rund 170 000 Männer und Frauen beim Stuttgarter Konzern, davon rund 115 500 in Deutschland.