Ein Völkerkundler mit Dienstmarke und Waffe ermittelt in den Milieus der Waffenhändler und arabischen Diplomaten. Dem Autorenduo Peter Gallert und Jörg Reiter ist mit „Kopfjagd“ ein eindrucksvolles Debüt gelungen.

Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

Berlin - Mit viel Vorschusslorbeeren ist Heiko Brandt als Leiter des Sonderdezernats für „Tötungsdelikte mit fremdkulturellen Hintergrund“ beim Berliner Landeskriminalamt gestartet. Seine Abteilung ist politisch gewollt und soll im Kampf gegen das Verbrechen im Berliner Schmelztiegel der Kulturen und Nationen trumpfen. Doch Hauptkommissar Brandt ist alles andere als ein Vorzeigepolizist. Als Ethnologe und Seiteneinsteiger wird von den Kollegen wegen fehlenden Stallgeruchs misstrauisch beäugt, sein dissozialer Charakter tut ein Übriges, dass Brandt ein Einzelkämpfer bleibt. Dass sein Chef ihm die junge und streberhafte Türkin Zehra Erbay zu Seite stellt, hilft nicht unbedingt. Die ist nämlich vollgestopft mit Komplexen und hadert mit ihrer kulturellen Identität.

 

Das ist die Ausgangslage, als das ungleiche Duo zu einem Berliner Golfclub gerufen wird, weil dort mehr oder weniger öffentlich, als gerade niemand hinschaute, ein arabischer Geschäftsmann seines Kopfs mit zwei kunstfertig geführten Schlägen beraubt und regelrecht hingerichtet wurde. Brandt und Erbay beginnen zu ermitteln und decken eine Verschwörung im Waffenhandel auf. Doch weshalb einer der Beteiligten nach dem anderen geradezu nach einem Ritual massakriert wird, wird dem Duo erst nach und nach klar. Sie kommen auf die Spur eines Täters, der ganz eigene, rachsüchtige Ziele verfolgt.

„Kopfjagd“ ist das gelungene Romandebüt des Autorenduos Peter Gallert und Jörg Reiter, das zuvor bereits einen Band mit Krimikurzgeschichten verfasst hat. Beide sind seit vielen Jahren als Drehbuchautoren tätig, was man „Kopfjagd“ durchaus anmerkt. Straff und zügig führen die beiden durch ihren Stoff, es bleibt wenig Zeit und Raum für komplexe Charakterbilder der Protagonisten. Trotzdem bekommt das Ermittlerduo Brandt/Erbay eine emotionale Tiefe, die sie aus dem vordergründig klischeebeladenen Personaltableau komplex- und schuldzerfressener Kommissare emporhebt, wie sie seit Henning Mankells Kurt Wallander durch die Krimiliteratur wimmeln.

Zudem ist die Geschichte spannend und verwickelt, und dass am Ende doch so etwas wie Gerechtigkeit einkehrt, möchte der Leser lange Zeit nicht glauben. Man darf gespannt sein, ob Brandt und Erbay wieder einmal in Berlin auf Fahndung gehen. Genügend Potenzial bietet die deutsche Hauptstadt mit ihrem multikulturellen Gefüge zweifellos.

Peter Gallert und Jörg Reiter: „Kopfjagd“. Kriminalroman. Emons Verlag Köln 2016. Broschiert, 336 Seiten. 14,95 Euro.