Darauf mussten wir lange warten: Endlich gibt es USB-Sticks mit Geruch und zwar in den Riechrichtungen Creamsicle (Wassereis), Jelly Donut (Berliner) und Cola.

Stuttgart - Hier geht es in Zukunft um die Zukunft. Das StZ-Hausorakel Peter Glaser befragt einmal die Woche die Kristallkugel nach dem, was morgen oder übermorgen sein wird – und manchmal auch nach der Zukunft von gestern. Dazu als Bonus: der Tweet der Woche!

 

Als Anfang der Neunzigerjahre das Internet vom Himmel fiel, wurde der Sieg der Distanz offenkundig. Die digitale Technologie erlaubte es, so weit voneinander entfernt miteinander in Kontakt zu treten, dass man unmöglich mehr wahrnehmen konnte, wie es am anderen Ende roch. Vor allem aber tat sich eine technologische Lücke auf. Während das ganze Spektrum der menschlichen Distanzsinne längst und immer raffinierter in technische Gerätschaft umgewandelt wurde, blieben die Intimsinne Geruch und Geschmack als Innovationsmauerblümchen zurück.

Nun gibt es endlich USB-Sticks, die riechen. Niemand weiß, warum, aber wie bei vielen anderen Produkten ist allein schon die Tatsache, dass es sie gibt, irgendwie interessant.

Ein Geruch eröffnet eine Informationsdichte, die sich immer noch der technischen Beherrschbarkeit entzieht. Vorstöße wie Riechfilme im Kino, etwa der 1981 uraufgeführte Film „Polyester” von John Waters, sind Kuriosa geblieben. Waters hatte mit numerierten Duftfleckchen bedruckte Eintrittskarten ausgeben lassen, die von den Zuschauern abgerubbelt werden mussten, sobald an bestimmten Stellen im Film eine der Nummern erschien. 27 Jahre später versuchte sich 20th Century Fox mit einer „Innovation im Kinomarkt" und zeigte den Trailer zu der romantischen Komödie „27 Dresses" geruchsbegleitet mit einem „frischen und blumigen Duft im Saal, der parallel zur Bildpräsentation über die Klimaanlage in den Kinosaal gelangt und zum Ende des Trailers rasch wieder verfliegt".

Alle Ansätze, Gerüche technisch zu zähmen, sind bisher aber mehr oder minder gescheitert. Auch Duft-CD-Player und ähnliches sind nicht viel mehr als Promotion-Gags geblieben. Firmen wie das deutsche Unternehmen Aerome („Scent is our mission“), die Duftkioske und riechende Getränkeautomaten herstellen - bei Aerome arbeitet man derzeit an einem Duft-Synthesizer -, bedienen einen flüchtigen Markt. Die Intimsinne Geruch und Geschmack gehören zu den Grals-Herausforderungen der Technik. Sogar unser mächtigstes Medium, die Sprache, mit ihrem universalen und flexiblen Reservoir an Bedeutungen und Kombinationen, stößt da schnell an seine Grenzen, wenn es darum geht, derlei klar und allgemeinverständlich zu beschreiben. Nicht ohne Grund nehmen Werbetexte für Parfums meist den vagen Charakter von Mysterien und aufwendigen Bildpoesien an. Parfumeure und Weinexperten haben Fachsprachen entwickelt, die nicht so sehr an nüchterne Beschreibungen als vielmehr an Lyrik erinnern.

Nun ist aber leider erst einmal zu befürchten, dass sich weder Duft- noch Durstfachleute mit den USB-Duftsticks befassen werden, denn es gibt sie nur in den drei Riechrichtungen Creamsicle (Wassereis), Jelly Donut (Berliner) und Cola. Es sind sozusagen die Autorückspiegelduftbäumchen unter den Speichersticks. Man sieht förmlich Menschen in Büros, die einen Augenblick gedankenverlorenen Sinnierens nutzen, um mit dem Kopf immer tiefer an den Rechner heranzuriechen und sich vom informatischen Zusatznutzen amerikanisch duftender vier Gigabytes betören zu lassen. Jeder der Sticks läßt sich auch an einem Schlüsselbund befestigen, was immerhin bedeutet, dass man künftig auch duftende Schlüssel haben kann. Und schließlich lösen die kleinen Flash-Drives noch durch keine Kapazitätsgrenze eingeengte Begeisterung durch aufgedruckte, kleine Smiley-Gesichter aus. Lässt das nicht eine wenn nicht große, so immerhin grinsende Zukunft wittern?

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Und hier noch wie immer der Tweet der Woche: