Weltraumwerbung war gestern – nun möchte eine schwedische Kosmetikfirma den Mond heller aufdrehen.

 

Stuttgart - Hier geht es in Zukunft um die Zukunft. Das StZ-Hausorakel Peter Glaser befragt einmal die Woche die Kristallkugel nach dem, was morgen oder übermorgen sein wird – und manchmal auch nach der Zukunft von gestern. Dazu als Bonus: der Tweet der Woche!

 

Auf die Frage „Was ist wichtiger – die Sonne oder der Mond?“ antwortete ein Kind: „Der Mond, weil er in der Nacht leuchtet. Tagsüber ist es ohnehin hell.“ Eine Firma aus Schweden hat diese Antwort nun modifiziert. Die 2013 von dem aus Zagreb stammenden Marketingfachmann Paul Peros gegründete, in Stockholm ansässige Firma Foreo, die als Unternehmensziel „innovative Schönheitslösungen“ angibt, möchte den Mond heller machen.

Und das soll so gehen: Die Oberfläche des Mondes, weitestgehend Staub und Fels, ist diffus reflektierend (also nicht selbstleuchtend, liebe Kinder). Das Maß für das Rückstrahlvermögen wird Albedo genannt. Die Mondoberfläche hat kümmerliche 0,12 Albedo – von dem eintreffenden Sonnenlicht werden gerade einmal 12 Prozent reflektiert (zum Vergleich: frischer Schnee hat einen Albedo-Wert von 0,9).

Nachhaltige Gigantomanie

Das Foreo-Projekt „Ein hellerer Mond“ soll nun einen Teil des Mondbodens „geringfügig transformieren“, um dessen Albedo zu verbessern – „dadurch würde der Mond einen Teil des Sonnenlichts reflektieren, ohne dabei die Umwelt oder biologische Prozesse der Erde zu beeinflussen. ... Dadurch könnten sowohl Energie für Straßenbeleuchtung eingespart, als auch die damit verbunden CO2-Emissionen reduziert werden.“

Wie diese „dramatische Lösung für die globale Energiekrise“ im Einzelnen aussehen soll, darüber schweigt sich die schlichte Website des „Foreo Institute“ aus. Auch darüber, dass ein paar Fußballfelder getönter Mondboden nicht ausreichen würden, die Nächte auf der Erde heller zu machen, sondern eine - nicht zuletzt für Mondrover - gigantische Fläche Albedo-verstärkt werden müßte. Namen werden auch keine genannt, nur von „Spitzenexperten wie z.B. Produktdesignern und Ingenieuren“ ist die Rede. Keine wissenschaftlichen Einrichtungen, mit denen man vielleicht kooperiert. Keinerlei Kontaktmöglichkeit zu dem Institut, nur die Website, deren einzige konkrete Information zwei rätselhafte Geldbeträge sind, mit denen angebliche Investoren die zwei bestehenden Projekte unterstützen – eine „revolutionäre“ Zahnbürste und das „Brighter Moon“-Projekt.

Für die Zahnbürste sind bisher etwas über 11.000 Euro zusammengekommen, für die Mondaufhellung mehr als „38 Millionen Euro von 9544 Unterstützern“. Wobei jeder weiß, liebe Kinder, dass Croudfunding-Projekte inzwischen von routinierten Initiatoren auch mal gern mit ordentlich eigenem Geld ausgestattet werden, um die Unterstützungsbereitschaft Außenstehender anzuregen.

Eine Schleifmaschine fürs Gesicht

Statt Sonnenlichts könnte man noch andere Details der absonderlichen Idee reflektieren, etwa in welchem Verhältnis die Kosten der notwendigen Raketenstarts und der Aufrechterhaltung einer technischen Infrastruktur auf dem Mond zu einer Ersparnis bei der irdischen Straßenbeleuchtung stünde. Ein Blick auf das derzeitige Hauptprodukt der Firma, das zufällig den Namen „Luna“ trägt und bei dem es sich um eine Art Schleifmaschine für die Gesichtshaut handelt, macht klar, dass es sich bei der „wissenschaftlichen Unterstützung der Theorie“ einer möglichen Mondaufhellung um einen PR-Stunt handelt. Jene Art der Aufmerksamkeitsgewinnung, der Reklamemenschen gern die vornehme Bezeichnung „virales Marketing“ verleihen. WmQ – Werbung mit Quatsch.

Dabei ist Mondwerbung ein alter Hut.

Anfang März 2008 ließ die amerikanische Bierfirma Rolling Rock in TV-Spots und auf Billboards darauf hinweisen, man möge auf den nächstes Vollmond am 21. März achten, das Bierlogo würde auf die Mondoberfläche projiziert. Jim Garvin, Nasa-Chefwissenschaftler am Goddard Space Flight Center, meinte zu der Hoax-Kampagne, dass eine Projektion auf dem Mond, die von der Erde aus gesehen werden könnte, etwa die Ausmaße von Afrika haben müßte.

Die Pioniere des „Moonvertising“

Im Iran war man mit dieser Idee bereits in den Siebzigerjahren Vorreiter gewesen. Im November 1978, als Millionen Iraner die Rückkehr des Ayatollah Khomeini aus dem Exil erwarteten, machte ein Gerücht die Runde, dass das Gesicht des Ayatollah auf dem Vollmond zu sehen sei. Obwohl das Gerücht offiziell dementiert wurde, kletterten Abertausende auf die Dächer oder zeigten anderen, was sie „sahen“. Am 9. Juni 2012 waren die Dächer im Iran nachts neuerlich voll, alles schaute wieder in den Mond. Denn ein Gerücht, diesmal wie ein Buschfeuer verbreitet per E-Mail und über soziale Netze, hatte verheissen, dass das Pepsi-Logo auf dem Mond zu sehen sein würde, was jedoch nicht der Fall war. Aus Rache, so heißt es, trinken viele Iraner seither Coca Cola.

Ein ähnliches Gerücht verbreitete sich kurz nach den Anschlägen am 11. September 2001 in den USA. Die Menschen sollten sich zu einem bestimmten Datum (das in diversen Kettenmails variierte) mit Kerzen nachts ins Freie begeben – die Nasa werde von einem Satelliten aus ein Foto der ganzen, leuchtenden Nation aufnehmen.

Atom-Reklame nach Sonnenuntergang

Pioniere dieser Art von Reklame waren die Sowjets. 1957 hieß es plötzlich, die Russen würden am 7. November eine Atombombe auf der Mondoberfläche zünden, deren Blitz noch auf der Erde sichtbar sein würde. Das Datum war mit Bedacht gewählt, denn an dem Tag wurde das 40-jährige Jubiläum der Oktoberrevolution gefeiert. Eine gleichzeitig stattfindende Mondfinsternis würde das Aufleuchten noch besser sichtbar machen. Zugleich konnten die Sowjets ihre technologische Überlegenheit vor der ganzen Welt zeigen. Aber auch daraus wurde nichts.

Nun also soll die zeitgemäße, energieschonendere Öko-Version des leuchtenden Monds aus Schweden kommen, mit Verheißungen wie einer niedrigeren Stromrechnung für alle, einem Anschub für die Weltwirtschaft und „einer drastischen Reduzierung des globalen CO2-Verbrauchs nach Sonnenuntergang“. Und sollte der elektrisierende Gedanke nicht hinausfinden in die Realität, war‘s auf jeden Fall, wie auch in den anderen Begebenheiten, famose Propaganda.

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Und hier noch wie immer der Tweet der Woche: