Seit sein Film „Das geheime Leben der Bäume“ in den Kinos läuft, geht die Forstwirtschaft auf Angriff über. Bestseller-Autor Peter Wohlleben reagiert darauf gelassen. In Stuttgart zeigt sich: Seine Fans stehen voll und ganz hinter ihm.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Wo er auftaucht, ist gute Laune. Strahlend steht Peter Wohlleben, Deutschlands berühmtester Förster, zur späten Stunde vor den voll besetzten Reihen im Metropol-Kino. Auch wenn die Themen ernst werden, bleibt er amüsant und frohen Mutes.

 

„Seien Sie optimistisch“, ruft der Bestseller-Autor dem Publikum zu, das sich mit kräftigem Beifall dem herzlichen, über Mikrofon vorgetragenen Dank eines Zuschauers für Wohllebens Engagement anschließt. „Seien Sie die grünen Welle“, lautet der Appell des stets charmanten 56-Jährigen.

Stuttgart ist die 18. Station seiner Kinotour

Die grüne Welle wird immer größer, wie der Baumversteher bei seiner Deutschlandreise erlebt. Stuttgart ist die 18. Station seiner Kinotour. Nicht allein für seinen Dokumentarfilm „Das geheime Leben der Bäume“ wirbt er, sondern vor allem für sein Anliegen, die Welt des Waldes zu retten - und damit auch die Welt der Menschen und Tiere.

Die Häuser sind voll, wenn Peter Wohlleben kommt. Seine Art, über den Wald unterhaltsam zu reden, kommt an. Einen Nerv hat er getroffen. Dass sich die konventionelle Forstwirtschaft darüber nicht freut, überrascht ihn nicht. Die Angriffe, sagt er, haben zugenommen, seit sein Film angelaufen ist, der mit starken Naturbildern und emotionaler Kraft begeistert. Der Autor vermittle kein Wissen, sondern betreibe Unterhaltung, kritisiert seine Gegenseite und wirft ihm vor, mit romantischer Darstellung von Bäumen die Waldbesitzer zu verunglimpfen. Gelassen reagiert Wohlleben auf die volle Breitseite, die er seit Tagen abbekommt.

„Metzger sind ja auch keine Tierpfleger“

„Die Überbringer schlechter Nachrichten“, sagt der 56-Jährige, da er locker mit Weste und gelber Krawatte vor der Leinwand des Metropol-Kinos steht, „wurden auch schon früher geköpft.“ Nicht der Klimawandel sei an dem schlechten Zustand des Waldes schuld, sondern die herkömmliche Forstwirtschaft mit der Pflanzung von Monokulturen. Dass sich viele Förster als „Waldpfleger“ bezeichnen, versteht der hochgewachsene Mann aus der Eifel nicht: „Metzger sind ja auch keine Tierpfleger.“ Den Waldbesitzern gehe es um die Maximierung der Holzausbeute, ihre Maschinen verdichteten den Waldboden auf so gefährliche Weise, dass dieser kein Wasser speichern könne. Die meisten deutschen Wälder, lautet sein Vorwurf, seien keine Wälder mehr, sondern Plantagen. Und sogleich stellt er klar: Keineswegs lehne er den Verbrauch von Holz generell ab, nur müsse dieser reduziert werden.

Die EU-Kommission hat ihn für Anfang Februar als Experten eingeladen, was zeigt, dass er inzwischen auf der politischen Bühne ernst genommen wird. In Stuttgart berichtet Wohlleben, wie die Nervosität seiner Gegner daher steige. Einer seiner Kritiker habe sich in Brüssel über die EU-Leute beschwert, die ihn zur Anhörung bitten.

Wann kommt das Musical zum Wald-Besteller?

Die Reaktionen im Publikum zeigen, dass sich hinter dem von etlichen Kollegen ausgestoßenen Förster die Reihen umso dichter schließen, je mehr er einstecken muss. Dieser freut sich, dass die „grüne Welle“ in Stuttgart stark sei. In seiner Sprache, sagt er, verwendet er, um das Leben der Bäume verständlich zu beschreiben, Metapher – gern solche, die aus der Gefühlswelt der Menschen kommen. Seine Gegner werfen ihm die „Vermenschlichung der Bäume“ vor – für ihn ist seine bildhafte Sprache der Versuch, auch Nicht-Wissenschaftler zu erreichen und ihnen Zusammenhänge klarzumachen.

Den Menschen Wohlleben lernt das Publikum an diesem Abend besser kennen: Seine Frau, erzählt er, war es, die ihn zum Bücherschreiben überredet hat. Am besten entspannt er sich, auch gern vor Talk-Shows im Hotel, in der Badewanne.

In 22 Sprachen wurde „Das geheime Leben der Bäume“ übersetzt. Jetzt gibt’s, wie bei Erfolg von Büchern üblich, den Film. Wann kommt das Musical dazu? Warum nicht, wenn es dem Wald dient? Die Deutschen lieben den Wald – immer mehr bilden deshalb eine „grüne Welle“.

Am 13. Mai, 20 Uhr, liest Peter Wohlleben im Stuttgarter Theaterhaus.