Die Clay-Pit-Ranch in Waiblingen ist Anlaufstelle für Kinder und Erwachsene. Doch nun ist der Pachtvertrag zum Ende des Jahres gekündigt worden. Eine Petition für den Erhalt des Pferdehofs hat in wenigen Tagen tausende Unterstützer gefunden.

Die Clay-Pit-Ranch ist eine kleine Oase inmitten von hässlichen Industriebauten am Rande des Waiblinger Gewerbegebiets Ameisenbühl. Beim Betreten des Pferdehofs schnauft man unwillkürlich durch: alte Gebäude aus roten Ziegelsteinen, ein kleiner See, viele Bäume und in Sichtweite grüne Hügel, die als Koppeln genutzt werden. Mehrere Hunde streifen über das Gelände der Westernreitanlage, Kinder schieben Schubkarren, kehren den Boden oder striegeln die Pferde. Die müssen auf dem Hof nicht in Einzelboxen stehen, sondern leben artgerecht in kleinen Gruppen zusammen und können sich die vier Beine vertreten.

 

Doch die Idylle ist in Gefahr. Vorige Woche hat Lilian Lintzen erfahren, dass der Pachtvertrag der Clay-Pit-Ranch vom Verpächter zum Ende des Jahres gekündigt wurde. „Der Schock war riesig“, sagt Lilian Lintzen, deren Quarterhorse-Wallach Bubbles erst vor einem knappen Jahr auf die Clay-Pit- Ranch gezogen ist. Ihr Pferd habe sie ganz bewusst an diesem Ort eingestellt, sagt sie: „Mir gefällt der Ansatz hier auf dem Hof sehr, der wertschätzende Umgang. Die Tiere stehen hier im Vordergrund. Sie leben in Kleingruppen und haben Sozialkontakte.“

Online-Petition findet Tausende Unterstützer

Pferde seien auf der Clay-Pit-Ranch mehr als bloßes Sportgerät, ergänzt Lilian Lintzen, deren elfjährige Tochter Tara ihre Leidenschaft für Pferde teilt: „Mir ist wichtig, dass Tara einen vernünftigen Umgang mit Tieren lernt.“ Obendrein sei die Ranch so ziemlich der einzige Stall in der Gegend, der den im Vergleich zur Englischen Reitweise etwas lässigeren Stil des Westernreitens anbiete: „Es wird schwierig, da eine Alternative zu finden.“ Dass es in Bezug auf den Reiterhof mittelfristig Veränderungen geben werde, sei zwar bekannt gewesen, sagt die Stuttgarterin, „aber wir sind davon ausgegangen, dass das erst 2025 oder 2026 passieren wird“.

Deshalb hat Lilian Lintzen eine Online-Petition für die Rettung der Clay-Pit-Ranch initiiert, die innerhalb weniger Tage knapp 6000 Menschen unterschrieben haben. Ob diese etwas bewirken kann? Ein Versuch ist es allemal wert. Das findet auch Miriam Ruotolo aus Waiblingen-Bittenfeld, die ebenfalls hofft, dass zum Ende des Jahres nicht alles zu Ende ist in Sachen Clay-Pit-Ranch. Ihre elfjährige Tochter Alessia reitet seit sie vier Jahre alt ist, Miriam Ruotolo selbst arbeitet unter anderem als Pferdetherapeutin.

Rund 170 Reitschüler und 50 Pferde müssen anderswo unterkommen

Das Ende des Pachtvertrags ziehe einen ganzen Rattenschwanz an Folgen nach sich, sagt sie: für die 16 Schulpferde und die 34 Einstellpferde von Privatleuten, die aus ihren Herden gerissen würden. Für die 170 Reitschülerinnen und Reitschüler, die plötzlich irgendwo anders unterkommen müssten. Und für die vielen Kinder auf der langen Warteliste, die dann keine Chance mehr auf einen Platz haben werden.

Die Clay-Pit-Ranch habe ganz besondere Angebote, betont Miriam Ruotolo: „Die Kinder können schon ab dem Alter von drei Jahren kommen, sie werden langsam an Pferde herangeführt und können eine Ausbildung bis zum Trainer machen. Der Hof bietet auch Praktika für Jugendliche und Programme in den Pfingst- und den Sommerferien an. Und unter den 170 Reitschülern sind etliche Kinder mit ADS, ADHS sowie Sprach- und Entwicklungsstörungen.“

Pferde sind auch als Therapeuten im Einsatz

Beispielsweise kooperiert die Waiblinger Christian-Morgenstern-Schule, eine Schule mit dem Förderschwerpunkt Sprache, mit der Ranch. „Gezielte Sprechanlässe können in der Reithalle beim Umgang mit den gut ausgebildeten, geduldigen und ruhigen Pferden und beim Reiten geschaffen werden. Die Pferde können in einmaliger Weise Therapiefunktionen übernehmen“, heißt es auf deren Internetseite.

Dass all das einer Straße samt Kreisverkehr weichen soll, bedauert Miriam Ruotolo sehr. „Es war zwar klar, dass da etwas kommen soll – aber vor dem Hintergrund, dass man etwas Neues aufzieht und die Leute nicht auf der Straße stehen.“ In Sichtweite gebe es ja auch eine mögliche Ausgleichsfläche, die genutzt werden könnte und wohl auch ausreichend groß wäre. Allerdings müssten dann am neuen Standort eine Halle und Unterstellmöglichkeiten gebaut und ordentlich Geld in die Hand genommen werden. Denkbar wäre auch, mit dem Hof woanders hinzuziehen, sagen Lilian Lintzen und Miriam Ruotolo – ins Remstal oder Richtung Ludwigsburg: „Wenn jemand eine Ersatzfläche kennt, wären wir froh, wenn er sich meldet.“

Die Online-Petition ist hier zu finden: www.change.org/p/rettet-die-clay-pit-ranch

Neue Nutzung für das Ziegeleigelände

Geschichte
 Auf dem Gelände beim Waiblinger Bahnhof wurde im Jahr 1880 das Ziegeleiwerk der Familie Hess in Betrieb genommen. Die Produktion lief dort bis zum Jahr 2007 und wurde dann mangels Rentabilität eingestellt. Schon während dieser Zeit entstand auf dem Gelände ein Pferdehof, einige Flächen der Tongrube wurden als Weide für die Pferde genutzt.

Ziegelei 21
 Vor vier Jahren stimmte der Gemeinderat Waiblingen mehrheitlich dem Bebauungsplanentwurf für das ehemalige Betriebsgelände zu, das nach den Plänen der Eigentümer zum „Technologie- und Zukunftspark Hess“ wurde, wo sich neben der Firma Daimler Gewerbe- und Dienstleister sowie Firmen aus dem Kreativ- und Forschungsbereich ansiedeln sollen. Hof
Die Clay-Pit -Ranch ist eine Westernreitanlage mit Reitschule, Trainingsstall für Reiter mit eigenem Pferd, ein Pensionsbetrieb und bietet Reittherapie an.