Die Dekanatsstelle in Ditzingen gestrichen, Energiekrise, Coronapandemie: Der neue Pfarrer Oliver Römisch begleitet die Protestanten in unruhiger Zeit.

Ist es ein Verlust für die Gemeinde? Ditzingen hat nach der Umstrukturierung in der Evangelischen Landeskirche keinen Dekan mehr. Als sich Friedrich Zimmermann vor rund einem Jahr aus Ditzingen in den Ruhestand verabschiedete, war bereits klar, dass die Nachfolgerin, der Nachfolger zwar weiterhin Seelsorger im Pfarrbezirk Nord und geschäftsführender Pfarrer sein würde, aber eben kein übergeordneter Dekan mehr.

 

Wechsel nach einer langen Zeit

Zimmermanns Nachfolger Oliver Römisch schaut nicht auf den Verlust. Naturgemäß bewertet er die Situation anders, als manch Ditzinger Protestant. Aber er blickt nicht auf das Negative. Die Veränderungen in Gesellschaft und Kirche seien so weitreichend, dass er sich damit nicht aufhält; vielmehr zieht er das Positive aus dem Unabwendbaren.

Aus den Reihen der Gläubigen wurde ihm der Start erleichtert. Warmherzig sei er empfangen worden, sagt er rückblickend über den Einsetzungsgottesdienst. Inzwischen sind acht Wochen vergangen. „Ich wollte mich in einer größeren Kirchengemeinde einbringen“ , begründet er den selbst gewählten Wechsel von der Gemeinde Lauffen-Neckarwestheim nach Ditzingen. Elf Jahre hatte er seine erste Pfarrstelle inne – und das, obwohl den Geistlichen angeraten ist, nach sieben Jahren zu wechseln. Doch die Gemeinde hatte Veränderungen zu bewältigen, hatte zudem Neues initiiert, einen Kindergarten gebaut. Das wollte er begleiten, ehe er den Weg weitergehen würde.

Gemeinsam die Kirchengemeinde gestalten

Die Wahl auf Ditzingen war bewusst gefallen, auf eine Gemeinde, die „offen ist, Veränderungen auf den Weg zu bringen“. Nicht, dass er nun alles umgestalten wollte, was sein Vorgänger auf den Weg gebracht hatte. Mitnichten. Aber allein die äußeren, nicht beeinflussbaren Umstände, zwingen zum Umdenken, macht Römisch deutlich. Zum einen ist die Stelle nicht mehr mit dem Dekanat verbunden, der Pfarrer vertritt also nicht mehr zugleich den gesamten Kirchenbezirk. Das verändere den Blick der Gemeinde auf den Pfarrer, ist sich Römisch sicher.

Diese Situation erleichtere es ihm aber auch, seine Vorstellung vom Wirken des Seelsorgers umzusetzen – nämlich „im Miteinander, wir alle zusammen, die Kirchengemeinde zu gestalten“. Das Miteinander sei wichtig, gerade auch jetzt. „Unsere Zeit ist so im Fluss, es gibt nicht ein Konzept.“ Im Miteinander wachse die Kirche.

Vermitteln, was Kirche heute leistet

1978 in Friedrichshafen am Bodensee geboren, nach dem Theologiestudium in Tübingen, Greifswald und Berlin, kam er später dann in die Region Stuttgart. Sein Berufsziel sei ihm bald klar gewesen, erzählt er. Jetzt, als Pfarrer, gehe es ihm auch darum, ein Gesprächsangebot zu machen – wohl wissend, dass die Kirche bisher nicht jeden erreicht hat.

Möglicherweise liege es daran, dass sich Menschen nicht mehr großen Institutionen anschlössen, sagt Römisch. Parteien und Gewerkschaften hätten dasselbe Problem. Aber „was Kirche lernen muss, ist, dass man werben muss“. Das Gute rausstellen, das sei bisher nicht die Maxime gewesen. „Aber eigentlich braucht das unsere Zeit.“ Vielleicht müsse man mehr vermitteln, was Kirche, vor allem die Ehrenamtlichen leisteten, überlegt er.

Mit den Menschen in Kontakt zu treten, mit ihnen zu kommunizieren, gemeinsam den Weg der Gemeinde zu erarbeite,n soll auf verschiedenen Ebenen gelingen. Im direkten Gespräch, aber auch virtuell. Die Digitalisierung will er sich dabei zunutze machen. Noch so ein Aspekt, der die Gesellschaft verändert und in dem Römisch zunächst durchaus das Positive erkennt.