Früher war Pferd ein Arme-Leute-Essen, heute gelten hohe Qualitätsstandards. Zwei Rossschlachter erzählen, wie sie das Tier verarbeiten, wie das Produkt schmeckt und welche Auswirkungen der Pferdefleischskandal auf ihr Geschäft hat.

Stuttgart/Berlin - Pferd hat in Rinderlasagne nichts zu suchen. Aber viele essen das fettarme Fleisch mit voller Absicht. Rossschlachter wie der Waiblinger Metzger Rolf Beerwart weisen auf die hohen Qualitätsstandards für Pferdefleisch in Deutschland hin. Die Schlachter arbeiten oft als Familienbetriebe, die bereits in der dritten oder vierten Generation geführt werden und ihre Produkte aus der Region beziehen. Beerwart zum Beispiel führt die Waiblinger Metzgerei fort, die sein Großvater 1945 gegründet hat. Die meisten Pferdemetzgereien haben eine treue Stammkundschaft, die besonders auf die Qualität des Fleisches Wert legt. Der Prenzlauer Rossschlachter Frank Plaumann sagt: „Pferdefleisch schmeckt sehr gut, wer es kennt, schätzt es. Der Geschmack liegt irgendwo zwischen Rind und gutem, nicht zu strengem Wild.“

 

Aus Pferdefleisch kann man so gut wie alles machen. Der Waiblinger Metzger Rolf Beerwart verkauft Kotelett, Steak, Filet, Knackwurst, Lyoner und auch einen schwäbischen Rostbraten. Den würden aber ausgerechnet schwäbische Wirtshäuser so gut wie nie bei ihm bestellen. „Der Schwabe ist da komisch“, sagt Beerwart. Seine Kunden sind stattdessen zum einen Gastronomiebetriebe aus dem kulinarisch offenbar etwas aufgeschlossenerem Bayern, zum anderen private Verbraucher aus der Region.

Pferd essen? Reine Kopfsache

Früher habe Pferdefleisch als Arme-Leute-Essen gegolten, sagt Rolf Beerwart. Das hat eine lange Tradition, die bis ins achte Jahrhundert zurück geht. Papst Gregor III. sprach 732 ein Verbot des Verzehrs von Pferden aus: Das sei „unrein und verabscheuungswürdig“. In der Folge waren es jahrhundertelang nur die Armen, die in der Not Pferdefleisch aßen – bis in die Hungermonate nach dem Zweiten Weltkrieg. „Ich glaube, dass sich deshalb heute manche noch genieren, Pferdefleisch zu kaufen“, sagt Rolf Beerwart. Heute habe der Verzicht auf Pferdefleisch oft eher emotionale Gründe. Es sei die Hemmung, ein Tier zu essen, dass geritten werde, meint Beerwart. „Bei Schwein oder Rind haben wir ja kein Problem, dass ist aber nur Kopfsache.“

Die Rossschlachter verkaufen ihr Fleisch im eigenen Laden, auf Märkten und vor allem auch im Internet. Zudem liefern sie an Hotels und Veranstalter. Rolf Beerwart und Frank Plaumann können sich nicht vorstellen, weshalb es offenbar in Rumänien günstiger war, in die Fertiggerichte Pferdefleisch zu schummeln. „In Deutschland ist es heute recht teuer und aufwendig, Pferde zu schlachten. Wir kaufen unsere Tiere generell selber, wir bekommen sie aus unserer direkten Umgebung“, erklärt der Prenzlauer Metzger Frank Plaumann. Sein Waiblinger Kollege Rolf Beerwart würde ebenfalls niemals Fleisch aus Osteuropa kaufen. „Unsere Pferde kommen aus einem Umkreis von maximal 200 Kilometern“, sagt er. Wie es in Osteuropa zugehe, könne man nicht beurteilen. „Deshalb kann ich es auch nicht meinen Kunden zumuten“, meint Rolf Beerwart.

Jedes Schlachtpferd hat einen Pferdepass

Frank Plaumann erklärt die Abläufe In Deutschland: „Jedes Pferd, das hier für den menschlichen Verzehr zugelassen wird, muss einen Pferdepass haben. Darin ist alles festgehalten: Medikamentengaben oder Impfungen.“ Bereits mit sechs Monaten müsse das Pferd einen solchen Pass erhalten, damit es keine Medikamente bekomme, wenn es später für die Schlachtung zur Verfügung stehen solle. Bevor ein Pferd geschlachtet werde, werde es genau untersucht, das gleiche geschehe danach noch einmal mit dem toten Pferd. „Es gibt in Deutschland kaum ein sichereres Lebensmittel als Pferdefleisch“, glaubt Frank Plaumann.

Die Tiere holt der Rossschlachter bei Händlern oder Zuchtbetrieben ab, aber auch bei Kutschern oder Holzrückeunternehmen, die Bäume aus engen Waldgebieten mit Pferden abtransportierten. Plaumann erklärt: „Viele Züchter beantragen für ihre Tiere von Anfang an den Pferdepass, damit die Pferde am Ende nicht kostenpflichtig entsorgt werden müssen.“

Das Tier stirbt schnell

Das klingt hart, dahinter aber steckt der Gedanke ans Wohl des Tieres. Immer mehr private Pferdehalter entscheiden sich für die Freigabe zur Schlachtung, weil, wie Frank Plaumann sagt, das Tier dann beim Sterben weniger leide. „Es wird mit einem Bolzenschuss getötet. Dabei stirbt es innerhalb von Sekunden. Wenn es mit einer Spritze eingeschläfert wird, lebt es oft noch stundenlang.“ Rolf Beerwart nimmt nach der Schlachtung auch schon mal einen Besitzer in den Arm: „Die hängen sehr an ihren Tieren.“

Pferdefleisch sei in Deutschland grundsätzlich qualitativ hochwertig, sagen die Metzger. Und es sei gesund: „Pferd hat viel Eiweiß und Eisen, aber kaum Cholesterin.“ Beerwart und Plaumann haben bisher durch den Skandal keine Einbußen erfahren. „Die Leute erkundigen sich eher sogar, beschäftigen sich mit dem Thema Pferdefleisch“, sagt Frank Plaumann. Rolf Beerwart ist auch zufrieden mit dem Geschäft. Er setzt darauf, mit Qualität zu überzeugen: „Mit Discountern wollen wir uns eh nicht vergleichen.“