Der Heimerdinger Pfarrer Thorben Haase nutzt Youtube, um für die Kirche zu interessieren. Das Virtuelle allein sei aber kein Ersatz, sagt er.
Wie begeistert man Jugendliche für Pfingsten? Wie erklärt man einer Teenagergeneration den Heiligen Geist? Der Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Heimerdingen, Thorben Haase, gibt die Antworten zwar zum Teil schon heute, indem er soziale Medien wie etwa die Videoplattform Youtube nutzt. Er will aber auch wissen, inwieweit die junge Generation seiner Gemeinde – vom Geist beseelt – christliche Werte lebt, sich sozial engagiert. Deshalb nimmt seine Kirchengemeinde als Modellgemeinde an einem landesweiten Projekt teil.
Neue Formen der Kommunikation
Pfingsten gilt als Geburtstag der Kirche. Es ist das dritthöchste Fest der Christenheit und gefeiert wird die Aussendung des Heiligen Geistes auf eine Gemeinschaft, welcher die Apostel, Maria, einige Frauen und andere Jünger aus dem Freundeskreis Jesu angehörten. Aber was heißt Gemeinschaft in einer global vernetzten Welt, fragt Haase. Letztlich bedeute es, „offen sein für neue Formen der Kommunikation“.
Er denkt Gemeinschaft anders. Es seien nicht nur jene, die sonntags im Gottesdienst sitzen und mittwochs im Bibelkreis. Gemeinschaft konstituiere sich heute auch anders. „Wir übertragen alle Gottesdienste im Internet“, sagt der Pfarrer. Die Gottesdienstfeiern lassen sich über Youtube mitverfolgen. „Um die Youtube-Übertragung konstituiert sich eine Gemeinschaft“, berichtet der Seelsorger. 20 bis 40 Aufrufe sind es inzwischen jeden Sonntag. Ehemalige Heimerdinger, die rund um den Globus arbeiten, junge Familien, die sonntags ausschlafen wollen und Senioren, die sich wegen Corona nicht in den Gottesdienst trauen. Auch sie werden im Gottesdienst begrüßt und am Ende ermuntert, ihre Meinung zu äußern.
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So weit Haase den Begriff der Gemeinschaft fasst, kennt er wohl deren Grenzen: „Einer persönlichen Begegnung kommt das nicht gleich.“ Soziale Netzwerke könnten kein Ersatz für persönliche Treffen sein. „Ich glaube nicht, dass man Pfingsten in einer Whatsapp-Gruppe feiern kann.“ Es sei etwas anderes, zumal wenn man „den Gottesdienst als rituellen Akt versteht, der im Vollzug seine Wirkung entfaltet“.
Große Treffen haben weiter Bestand
Nicht ohne Grund gibt es trotz aller Vernetzung in der virtuellen Welt weiterhin das Aidlinger Pfingsttreffen oder große Veranstaltungen wie das Christival Ende Mai in Erfurt. „Wir sind leibliche Wesen“, sagt Haase, und erklärt damit, warum virtuelle Veranstaltungen so häufig an die Realität angebunden sind. Selbst E-Sport würde inzwischen in großen Hallen ausgetragen.
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Vor diesem Hintergrund wirbt Haase für einen differenzierten Blick auf die Mediennutzung vor allem der jungen Generation. Und es sei mitnichten so, dass sich die junge Generation egoistisch nur um die eigene Belange kümmere, sondern Gemeinschaft auf Basis christlicher Grundwerte lebe, jener also, die das Pfingstfest prägen. „Es ist der heilige Geist, jener Teil Gottes, der unter uns Menschen wirkt“ formuliert es der Pfarrer.
Wie sieht eine Gemeinschaft heute aus?
Wie sonst könnte dieser Tage ein Bikepark in Heimerdingen entstehen, bei dem künftig Jugendliche zusammenkommen sollen, ohne dass sie Geld ausgeben müssen? Gleichwohl gehe das Engagement für den Nächsten in der bisherigen Form zurück, sagt auch Haase. Die Kirche tue sich damit schwer, weil sich das Engagement in neuen Formen äußere.
Um mehr über das soziale Engagement der jungen Generation zu erfahren, nimmt Heimerdingen an einem landesweiten Projekt teil, das durch das Bezirksjugendwerk und Stiftungen möglich wurde. Dabei gehe es darum Themen wie Gerechtigkeit, Geben, Geld zu diskutieren, Ressourcen zu teilen, Finanz- und Spendenaktionen zu organisieren, sich auf Spendenziele zu einigen.
Letztlich gehe es aber um die Frage, wie eine Gemeinschaft heute aussieht, die der Geist bewirkt. Was er damit sagen will, macht er am Beispiel des Computerspiels War of Warcraft deutlich: Das Volk der Orcs verleitete die Fans zu realen Treffen. „Das zeigt, dass die Geschichte über das Event hinaus besteht. So wie die christliche Kirche über Pfingsten.“