Pfingsten ist des Fest, an dem die Herabkunft des Heiligen Geistes auf die Jünger Christi gefeiert wird. Der wird bildlich oft als Taube dargestellt. Eine beharrliche Stadttaube hat den Dekan zum Nachdenken gebracht.

Leonberg - Neben Weihnachten und Ostern ist Pfingsten das wichtigste Kirchenfest der Christinnen und Christen. Sie erinnern sich daran, dass Gott als Heiliger Geist immer bei ihnen ist und den Menschen dabei hilft, Gutes zu tun und neue Hoffnung zu schöpfen. Auf Bildern wird er meist als Taube dargestellt.

 

Auch im Schalldeckel der barocken Kanzel in der evangelischen Stadtkirche in Leonberg ist eine Taube zu sehen. Bei jeder Predigt schwebt sie über der Pfarrerin oder dem Pfarrer als Zeichen des göttlichen Geistes, der menschliche Worte durchdringen kann und sie zu Gottes Wort macht.

Plötzlich ist eine echte Taube in der Kirche

„Vor einigen Jahren gab es in einem Sommer neben der barocken Taube aus Holz auch eine Taube aus Fleisch und Blut“, erinnert sich Dekan Wolfgang Vögele. Es war ein Samstag. Am Nachmittag sollte eine Hochzeit in der Kirche stattfinden. Die Mesnerin öffnete die großen Türen der Stadtkirche, um die warme Sommerluft in die kühle Kirche zu lassen. Der Organist saß auf der Orgelbank und übte.

„Von den vielen Tauben, die in der Altstadt leben, war eine besonders neugierig und tippelte in die Kirche. Sie drehte einige Flugrunden im großen Kirchenschiff und ließ sich dann auf einer kleinen Brüstung nieder und beobachtete das Geschehen in der Kirche“, erzählt der Dekan.

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Die Mesnerin hatte den Eindringling schnell entdeckt und versuchte, die Taube aus der Kirche zu scheuchen. Es wollte ihr nicht gelingen. Auch lautes Rufen ließ die Taube unbeeindruckt. Sie blieb auf der Brüstung sitzen. Die Mesnerin suchte Rat beim Organisten. Der hatte eine Idee: Er zog alle Register der Orgel und griff beherzt in die Tasten.

Foto: privat

Aber weder wohlklingende Akkorde noch laute und chaotische Klänge, die eher die Bezeichnung „Krach“ als Musik verdienten, konnten die Taube dazu bewegen, die Kirche zu verlassen. Schließlich zog der Organist seinen letzten Trumpf. Als versierter Kenner der Musikgeschichte spielte er die Melodie des Vogelfängers aus der „Zauberflöte“. „Aber auch dieser eindeutige Hinweis aus der musikalischen Feder des berühmten Mozarts wurde von der Taube nicht verstanden“, erinnert sich Wolfgang Vögele an die Situation. Unbeirrt zog die Taube immer wieder ihre großen Kreise durch die Kirche.

Wenn Vögel zu sehr bedängt werden, hat das Folgen. „Zum Schrecken der Mesnerin verlor die Taube immer wieder unliebsame Hinterlassenschaften“, schildert der Dekan. „Schließlich wurde ich als Pfarrer zurate gezogen. Als letzte Idee einigten wir uns darauf, es mit dem Futtertrieb der Taube zu versuchen. Wir stellten einen großen offenen Pappkarton auf und davor eine Schale mit Weizenkörnern. Wir hofften, die Taube würde durch das Futter angelockt. Dann hätten wir den Pappkarton umgestülpt und so die Taube gefangen.“ Aber auch dieser Versuch scheiterte.

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Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als die Hochzeit mit der Taube zu feiern. Beim Einzug des Brautpaars unter den feierlichen Klängen der Orgel drehte die Taube vergnügt ihre Kreise über der Hochzeitsgemeinde. Als der Dekan das Brautpaar und die versammelte Gemeinde begrüßte, landete die Taube vor dem Altar zwischen ihm und dem Brautpaar. „Und dort tippelte sie sichtbar stolz hin und her und verfolgte die Trauung aus nächster Nähe. Nachdem sich das Brautpaar das Ja-Wort gegeben hatte, flog sie in die Höhe und blieb beobachtend auf der kleinen Brüstung über uns sitzen“, erzählt Wolfgang Vögele.

Nach dem Hochzeitsgottesdienst blieben die Türen der Stadtkirche noch lange offen stehen. Irgendwann hatte dann die Taube den Weg in die Freiheit gefunden.

„Ob in diesem Gottesdienst meine Predigt oder die Taube interessanter war, sei dahingestellt“, sagt der Geistliche und wird nachdenklich. „Ich habe durch diese Taube jedenfalls eines gelernt: Der Geist von Pfingsten, der durch die Taube symbolisiert wird, lässt sich selbst aus der Kirche nur sehr schwer vertreiben“, ist Wolfgang Vögele überzeugt.

Der Geburtstag der Kirche

Das Fest
In der Bibel stehen die Ursprünge des Pfingstfestes. Vom griechischen „pentekoste“ abgeleitet, heißt es „der fünfzigste Tag“. Es ist der 50. Tag der Osterzeit, 49 Tage nach dem Ostersonntag. Die Osterzeit endet und die Kirche feiert die Herabkunft des Heiligen Geistes, dem Beistand, den Jesus seinen Jüngern versprochen hatte.

Der Heilige Geist
50 Tage nach Ostern trafen sich die Jünger Jesu in Jerusalem. Die Menschen in der Stadt feierten dort ein großes Fest. Die Jünger blieben zusammen und beteten, weil sie Angst vor den Männern hatten, die Jesus gefangen nahmen und hinrichteten. Da kam der Heilige Geist auf sie herab und verlieh ihnen die Gabe, alle Sprachen zu sprechen.

Das Wunder
Die Fähigkeiten, die die Jünger vom Heiligen Geist empfingen, gelten als das „Pfingstwunder“. Nun war es ihnen möglich, dass Evangelium auch den Menschen zu verkünden, deren Sprache sie zunächst nicht mächtig waren. Pfingsten markiert den Beginn der Missionierung. Es wird häufig als der Geburtstag der Kirche bezeichnet.

Der Tag der Tora
Im Judentum ist Pfingsten ebenfalls ein Hauptfest. Gefeiert wird dann „Schawuot“. An diesem Tag soll das Volk Israel die „Tora“, die hebräische Bibel, erhalten haben.