Der Pfingstmarkt hat am Montag wieder viele Besucher angelockt. Wie die Traditionsveranstaltung einst entstanden ist, erzählt der Hobbyhistoriker Bernd Nicklas.

Friolzheim - „Buon Giorno!“ ruft es quer über den Friolzheimer Pfingstmarkt. Zwischen Süßigkeiten, Lederwaren und Obst begrüßen sich freudig zwei Familien, wechseln kurz einige Sätze und schlendern gleich darauf weiter. Sie lassen sich, wie alle anderen Besucher, bei herrlichem Pfingstwetter gemächlich durch die Innenstadt der Heckengäugemeinde treiben. Anders kommt man auch nicht vorwärts, wer es eilig hat, ist hier nicht am rechten Platz. Die Menschen schauen hier nach dem Besenbinder, feilschen dort um Haushaltswaren und verkosten unterwegs italienischen Balsamico. Hersteller Devid Sassi kommt extra aus Italien angereist. Er hat Freunde in Friolzheim, die fanden, dass die hochwertige italienische Spezialität eine tolle Ergänzung für den Krämermarkt sei.

 

Italienische Marktbeschicker sind in der Friolzheimer Markthistorie nicht verbrieft, italienische, besser gesagt römische, Herren hingegen schon. „Friolzheim war zu Zeiten der römischen Besatzung ein Hauptverkehrsknotenpunkt. Hier kreuzten sich zwei römische Straßen“, weiß Bernd Nicklas. „Die eine führt von Pforzheim nach Cannstatt, die andere von Heilbronn über Enzweihingen nach Friolzheim und weiter in Richtung Süden.“ Der Hobbyhistoriker Nicklas ist ortskundig wie kaum ein zweiter und weiß von der Zeit der Alamannengräber bis heute gut Bescheid über die Geschichte des „Fleckens“ am Rand des Schwarzwalds.

1832 wurden zwei Märkte jährlich genehmigt

„Anfang des 19. Jahrhunderts gehörte Friolzheim zu Württemberg, das benachbarte Tiefenbronn war badisches Ausland“, erzählt Nicklas. Und weil die Zölle, die beim Grenzübertritt nach Baden erhoben wurden, den Händlern das Leben schwer machten, erbaten sich die Friolzheimer Gemeinderäte vom württembergischen König das Marktrecht. Das war zu dieser Zeit ein Stadtrecht, kleinere Gemeinden bekamen nur in Ausnahmefällen die Genehmigung, Märkte abhalten zu dürfen. Da Friolzheim aber nicht mehr Kreuzungspunkt stark frequentierter Römerstraßen, sondern nur noch ein Hinteramt des Klosters Hirsau war, umzingelt von badischen Gemeinden, die teils sehr willkürlich Zölle auf alle Waren erhoben, erhielt die Gemeinde nach zwei Anläufen das Recht, einen Markt auf Probe abzuhalten. Gewicht hatte sicherlich auch die Klage des Gemeinderats, etliche Instandhaltungsmaßnahmen in der Gemeinde und den umliegenden Straßen nicht mehr finanzieren zu können, wenn keine zusätzliche Einnahmequelle wie beispielsweise ein Markt aufgetan werden könnte.

Ja, findig waren die Friolzheimer schon immer, Händler allemal. Pferde, Schafe, Holz, Waldsamen – um trotz hoher Steuern und der allgegenwärtigen Zölle überleben zu können, mussten sich die Menschen im Heckengäu schon etwas einfallen lassen. Doch welches Argument auch immer den König überzeugte, zwei Märkte jährlich wurden ab 1832 genehmigt. Das war die Geburtsstunde des Friolzheimer Pfingstmarktes, auch wenn sich sein Gesicht im Laufe der Jahrhunderte deutlich verändert hat. Pferde, Rinder und Ziegen werden heute nicht mehr verkauft, dafür ist der Krämermarkt gewachsen. Rund 130 Stände ziehen sich durch die Ortsmitte, feilgeboten wird ein buntes Sortiment an allem, was das Herz begehrt oder die Hausfrau gebrauchen kann.

Erst 1969 gibt es den ersten Wurststand

Im Gegensatz zu heute gab es früher übrigens grundsätzlich keine Verpflegungsstände auf dem Markt, sodass auch die ortsansässigen Wirte sehr zufrieden mit dem Marktrecht waren. Erst im Jahr 1969 beantragte die Ortsgruppe des Roten Kreuzes einen Wurststand. Was dem einen recht ist, ist dem anderen billig, dachten sich die Friolzheimer Vereine, sodass schnell immer mehr örtliche Vereine und Institutionen ein reichhaltiges Angebot an Speisen und Getränken für die Besucher bereithielten.

Der Pfingstmarkt lockt Besucher aus dem ganzen Altkreis und darüber hinaus. „Mir ist zu Ohren gekommen“, schmunzelt Nicklas, „dass Familienfeste schon so gelegt worden sind, dass der Besuch auch noch auf den Markt kann.“ Die Friolzheimer lieben ihren „Nationalfeiertag“, und viele inzwischen Weggezogenen kommen jedes Jahr an Pfingsten wieder in ihren Heimatort, um über den Markt zu schlendern und alte Bekannte zu treffen.