Bewohner von Pflegeheimen drohen wegen des Besuchsverbots zu vereinsamen. Zum Glück gibt es kreative Gegenstrategien. Und weitere gesetzliche Lockerungen sind in Sicht.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Sonnenberg - Trotz Lockerungen der Corona-Regeln sind Besuche in Seniorenheimen nach wie vor untersagt – zumindest noch bis zum 25. Mai. Denn alte Menschen gehören zu den durch das Virus besonders gefährdeten Personengruppen. Allerdings kann „die Leitung der Einrichtung den Zutritt erlauben, wenn geeignete Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen getroffen werden können“. So steht es in der Corona-Verordnung Baden-Württemberg, die seit dem 11. Mai gültig ist.

 

Im Generationenzentrum Sonnenberg können die Bewohner ihre Lieben wieder treffen. Denn dort stehen die Räume der Tagespflege derzeit leer. Zusammen mit dem Einrichtungsleiter Sven Schumacher haben die Mitarbeitenden diese zu einem Besucherzentrum umfunktioniert. Dort sei der „maximale Schutz der Bewohner vor einer Corona-Infektion“ gewährleistet, sagt Sabine Bergmann, die Geschäftsführerin des Eigenbetriebs Leben und Wohnen (ELW). Es gibt einen eigenen Seiteneingang. Diesen Weg können Angehörige nutzen. So kommen sie nicht in Kontakt mit anderen Bewohnern. Am Ziel trennt eine Glasscheibe die Besucher und die Besuchten. Über zwei Telefonen mit Freisprechfunktion können sie von Angesicht zu Angesicht sprechen.

Eine Scheibe trennt die Besucher und die Besuchten

Die Zeit allerdings ist begrenzt. Damit möglichst viele Bewohner Besuch empfangen können, hat jeder nur 15 Minuten. „Aber natürlich unterbrechen wir niemanden mitten im Satz“, sagt Schumacher und ergänzt: „Wir brauchen Zeit, um nach der Nutzung die Räume gründlich zu lüften und zu desinfizieren. Real müssen wir pro Besuch 30 Minuten veranschlagen.“

Besucher müssen einen Termin vereinbaren. Der Sozialdienst organisiert die Aktion. Miriam Schindler ist federführend. Sie sagt: „Unsere Bewohner und die Angehörigen nehmen das Angebot sehr gut an.“ Es seien mehr Termine nachgefragt worden, als vergeben werden konnten. „Die Sache ist sehr persolaufwendig“, erklärt Schindler. Belohnt wurden die Mühen der Mitarbeiter mit sehr emotionalen Momenten und dankbaren Augen.

Auch andere Heime haben Strategien gegen die Einsamkeit entwickelt

Sabine Bergmann ist mehr als zufrieden. „Die Pandemie ist für unsere Einrichtungen natürlich ein Ausnahmezustand. Umso toller ist es, dass unsere Mitarbeitenden sich so unermüdlich für den Lebens- und Schutzraum der Bewohner engagieren“, sagt sie. Mancherorts gebe es Hofkonzerte, so zum Beispiel im Hans-Rehn-Stift auf der Rohrer Höhe. Im Generationenhaus Heslach nehmen Pfleger und Betreuer Videobotschaften von den Bewohnern auf und verschicken diese an die Angehörigen. Im Vaihinger Filderhof sind die Bewohner über Videotelefonie mit ihren Lieben außerhalb des Pflegezentrums in Kontakt.

Auch im Generationenzentrum Sonnenberg gibt es Konzerte im Garten. Und die Mitarbeiter haben Handys bekommen, mit denen sie Fotos und kleine Videos von den Bewohnern aufnehmen und diese an die Angehörigen verschicken. „Darüber freuen sich dann alle, es ist so unmittelbar“, sagt Schindler. Bergmann ergänzt: „In jedem Fall zeigt sich in dieser Zeit doch überdeutlich: Pflege ist so viel mehr. Pflege trägt große soziale Verantwortung und es arbeiten ausgesprochen kreative Menschen in diesem Berufsfeld.“

Von Montag an sind Besuche in Pflegeheimen auch ohne Scheibe wieder möglich. Im Generationenzentrum Möhringen werden dazu Tische in den separaten Räumen der Tagespflege aufgestellt. So können die Abstandsregeln eingehalten werden. Und natürlich gelten weitere Sicherheitsregeln. So muss zum Beispiel ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden und die Adressen der Besucher werden notiert, um im Fall der Fälle Infektionsketten nachvollziehen zu können.