Gerade in der jetzigen Situation wird Pflegepersonal händeringend gesucht. Eine Krankenschwester mit bosnischer Herkunft soll nun ausgewiesen werden. Wegen des Coronavirus kann sie allerdings derzeit nicht ausreisen. Weiter arbeiten darf sie aber auch nicht.

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Fasanenhof - Die Enttäuschung ist Sandra Gnjatović deutlich anzuhören. Ihr gehe es nicht gut, sagt sie. „Ich warte hier und kann nicht arbeiten.“ Bis vor Kurzem war Gnjatović in der Wohnanlage Fasanenhof beschäftigt. Anderthalb Jahre lang übte sie die Tätigkeit einer Pflegehelferin aus. In ihrem Heimatland Bosnien hatte die 48-jährige Frau eine Ausbildung zur Krankenschwester absolviert und schon viele Jahre in dem Beruf gearbeitet. Mit einem Aufenthaltstitel kam sie 2018 nach Deutschland, hatte ihre Anerkennung als Krankenschwester beantragt und in dem Wohnheim für behinderte Menschen auf dem Fasanenhof eine „gute Arbeitsstelle“ gefunden, wie sie sagt.

 

Das Regierungspräsidium hat die Anerkennung im Januar abgelehnt. Die Ausländerbehörde teilte ihr mit, sie müsse Deutschland bis zum 31. März verlassen. Ihre Arbeit durfte sie nicht weiter ausüben. Ihre Wohnung kann sie nicht länger zahlen, sie lebt jetzt bei Verwandten. Für ihre Anerkennung fehlten Nachweise über geleistete Stunden, argumentiert das RP. Gnjatović und ihr Bruder, der ebenfalls in Deutschland als Krankenpfleger arbeitet, entgegnen, sie hätte die Stunden bereits in Bosnien geleistet, die zuständige Behörde hätte sie nur zu spät den deutschen Behörden gemeldet.

Ihr Arbeitgeber würde sie sofort wieder einstellen

Die Bosnierin hat rechtlichen Beistand hinzugezogen. „Meine Mandantin ist eine erfahrene Krankenschwester, ihr Arbeitgeber ist hochzufrieden mit ihr“, sagt Rechtsanwalt Benjamin Veyhl. Das bestätigt die Geschäftsführerin der Wohnanlage, Brigitte Göltz. Sie habe von der Bereichsleitung im ambulanten Hilfs- und Pflegedienst nur positive Rückmeldungen über Gnjatovićs Arbeit als Pflegehelferin bekommen. „Wir brauchen sie und würden sie auch weiterhin hier beschäftigen“, sagt Göltz. Man habe der Bosnierin auch angeboten, ihre Qualifikation in der Wohnanlage nachzuholen, dafür bräuchte sie aber wohl ein anderes Visum.

Denn die Ausbildung zur Krankenschwester, die Sandra Gnjatović in Bosnien absolviert habe, sei laut zuständiger Behörde weder qualitativ noch quantitativ mit den deutschen Standards zu vergleichen. Nur eine der Hürden bei der Anerkennung, deren Verfahren ohnehin oft unübersichtlich ist. Von einfacheren und einheitlicheren Formalien würden nicht nur die Einreisenden, sondern auch die Einrichtungen hierzulande profitieren, sagt Brigitte Göltz. „Es gibt in Deutschland genügend Stellen, bei denen Bedarf an Pflegefachpersonal und Pflegehelfern besteht“, sagt Göltz. Einfachere Modalitäten für Personal aus dem Ausland könnten hier – zumindest ein wenig – Abhilfe schaffen. Das solle aber nicht heißen, dass die Standards für die Ausbildung niedriger gesetzt würden. Nur, dass den Einreisenden der Zugang zur Qualifikation und Anerkennung erleichtert werde.

Sie kann nicht ausreisen, darf aber auch nicht arbeiten

Die Bosnierin sitzt derweil in Stuttgart fest. Denn aufgrund des Coronavirus ist die Ausreise derzeit nicht möglich. Bis zum 23. Juni hat sie nun Zeit für den Grenzübertritt. Ihrer Arbeit nachgehen kann sie in diesen drei Monaten aber nicht, sie sei bis zur Ausreise zum Nichtstun verdammt, sagt ihr Anwalt. In einer Krisenzeit, in der vor allem in der Pflege jede Hand gebraucht werde, sei das unverständlich. „Es muss doch möglich sein, eine Pflegerin, die an ihrer Arbeitsstelle gebraucht wird, noch ein paar Monate zu halten“, sagt Benjamin Veyhl. In der Corona-Krise würden an vielen Stellen Ausnahmeregelungen gefunden, warum dann nicht auch in dieser Situation?

Ebenso wie der Arbeitgeber hat der Anwalt bereits versucht, bei der Ausländerbehörde und dem Regierungspräsidium eine entsprechende Regelung zu erreichen, bisher allerdings ohne Erfolg. Allen Beteiligten bleibt derzeit nur: abwarten.

Sandra Gnjatović hofft auf eine positive Wendung in den kommenden Wochen. Momentan läuft noch ein Anerkennungsverfahren zur Krankenpflegehelferin, dafür sollte ihre Qualifikation aus Bosnien ausreichen, sagt ihr Anwalt. Die 48-Jährige hofft, doch dauerhaft in Deutschland bleiben und arbeiten zu können. „Ich versuche immer, optimistisch zu sein“, sagt Gnjatović.