Viele Igel beginnen in diesen Tagen ihren Winterschlaf. Andere suchen noch nach Nahrung – und müssen oft unterstützt werden, etwa vom Ditzinger Tierschutzverein. Der weist auch auf ein anderes Problem für die Tiere hin.

Ditzingen - Viele Igel sind derzeit mit Hochdruck auf Nahrungssuche. Vor dem ersten richtigen Frost, wenn es zwei, drei Nächte in Folge friert, müssen sich die Tiere ein Polster für den Winter angelegt haben. Bis zu den ersten warmen Tagen im Frühjahr schlafen sie im Normalfall, ihr Herz schlägt dann nur noch viermal pro Minute. Das spart Energie. Vielen Tieren mangelt es im Vorfeld aber genau daran, und es wird für sie immer schwieriger, noch Nahrung zu finden. Wenn die Tiere unterernährt sind, ist ihr Überleben ungewiss.

 

Giesela Mayer und ihre Mitstreiter vom Ditzinger Tierschutzverein wollen das ändern. Im Keller der Vorsitzenden haben gerade neun Igel ein Übergangsquartier gefunden. Angekuschelt an Fleece-Decken und sich selbst liegen drei Igel unter einem Holzhäuschen, im Häuschen gegenüber sind noch mehr Igel. Dazwischen steht ein Brei aus Katzenfutter – als Pastete, weil Gelee oder Sauce Durchfall verursacht –, laktosereduzierter Katzenmilch und Haferflocken. Der Keller von Giesela Mayer ist leicht beheizt, damit die Tiere nicht mit dem Winterschlaf beginnen. Dafür müssen sie sich erst das nötige Polster anfüttern. Giesela Mayer dokumentiert das Gewicht der Igel. Für Tiere, die in diesem Sommer zur Welt gekommen sind, heißt das: mindestens 600 Gramm. Ältere Tiere sollten deutlich mehr wiegen, ein Kilogramm und mehr. Im Winterschlaf verlieren Igel 15 bis 30 Prozent ihres Körpergewichts.

Mittlerweile pflegt der Tierschutzverein mehr Igel als früher. Das, sagt Giesela Mayer, liege zum einen daran, dass ihre Lieblingsnahrung immer knapper werde – Kleinlebewesen an Blättern auf Streuobstwiesen. Weil es davon immer weniger gibt, weichen die Igel auf andere Nahrung aus, etwa Würmer und kleine Schnecken – und, wenn sie auch das nicht finden, Abfall. Mayer erzählt von den sechs Igelkindern, die sie im vergangenen Jahr zur Pflege hatte. „Die hatten wochenlang lila Hinterlassenschaften“, sagt Mayer – weil sie Holunderbeeren gefressen hatten. Das bekam den Fleischfressern gar nicht, sie brauchten eine Darmreinigung.

Wenn das Wetter mild wird, wachen die Igel auf

Nicht nur die falsche Nahrung ist problematisch für Igel – auch das sich verändernde Klima macht ihnen zu schaffen. Im Vergleich zu früher gibt es öfter starke Temperaturumschwünge. „Die Igel wachen dann teilweise in einem Winter mehrfach auf“, sagt Giesela Mayer – und gehen wieder auf Nahrungssuche, obwohl der Winter noch gar nicht vorbei ist. Das raubt Energie, und die Aussicht auf Nahrung ist gering. „Die Igelorganismen packen den Klimawandel nicht“, sagt Giesela Mayer. Ist das Wetter mild, klingelt Giesela Mayers Telefon: „Die Leute sagen dann, sie haben einen betrunkenen Igel gesehen“, sagt Mayer – in Wahrheit können sich die entkräfteten Tiere kaum auf den Beinen halten. Auch wer tagsüber einen Igel beobachtet, sollte laut Mayer handeln – denn dass die nachtaktiven Tiere unterwegs sind, bedeutet meist, dass sie nach Nahrung suchen. Wer vermutet, dass ein Tier krank, verletzt oder unterernährt ist, kann sich beim Ditzinger Tierschutzverein melden. Fundtiere werden erst mal einem Tierarzt vorgestellt. Viele haben Durchfall, Husten oder Parasiten. Dagegen werden sie behandelt – und so lange gepäppelt, bis sie gute Chancen haben, den Winter allein zu überstehen.