1 500 Zuschauer liegen dem Ludwigsburger Liedermacher Philipp Poisel im ausverkauften LKA Longhorn zu Füßen. Der Sänger singt über Liebe, Freundschaft und Sehnsüchte – das kommt gut an.

Stuttgart - Intim und persönlich soll sie sein, Philipp Poisels Tournee zu seinem zehnten Bühnenjubiläum. Ehrliche Konzerte ohne allzu viel Budenzauber, bei denen mal wieder „der Schweiß von der Decke tropft“. Klingt jetzt eher nach Wohnzimmerkonzert als nach dem ausverkauften LKA, doch genau diesen recht geräumigen Schuppen suchte sich der Ludwigsburger am Freitagabend für sein Quasi-Heimspiel aus. 1 500 Besucher – das ist selbst für viele arrivierte Bands alles andere als ein intimer Rahmen.

 

Poisel holt sein Publikum ab

Doch Poisel macht mittlerweile die Schleyerhalle voll, da gelten andere Maßstäbe. Auch ohne die großen Gesten und das fiebrige LED-Spektakel seiner letzten Hallentournee bleibt eine Poisel-Show aber eben eine Poisel-Show: Ein überwiegend weibliches Publikum singt von den ersten Takten des Openers „Halt mich“ besonnen und engelsgleich mit, Ergriffenheit und Entrücktheit allenthalben.

Zwar sind viele seiner Stücke nur durch einen imaginären Instagram-Filter vom Schlager zu unterscheiden. Zwar wirkt sein Grönemeyer-Genuschel insbesondere in den ruhigen Momenten durchaus enervierend. Zwar ist er weder der beste Sänger noch der beste Gitarrist. Aber dafür holt der mittlerweile 35-Jährige sein Publikum da ab, wo es abgeholt werden möchte, singt von der Liebe, der Freundschaft und den großen Sehnsüchten im Leben eines Thirty-Somethings.

Die Zuschauer singen laut mit

Bei „Froh dabei zu sein“ überlässt er dem Zuschauerchor sogar zur Gänze das Feld. Das wirkt improvisiert, macht er aber auf der Tour jeden Abend so. Der bewusst angestrebte Effekt von Spontaneität und Natürlichkeit ist eben nur eine weitere Facette einer durchgetakteten Inszenierung. Bei den Stücken des neuen Albums „Mein Amerika“, insbesondere der Titeltrack oder „Bis ans Ende der Hölle“, kann seine Begleitband aber immerhin mit einem ganz eigenen, vollen Sound glänzen, der den ansonsten doch recht blutleeren Befindlichkeitspop immer wieder vor der Belanglosigkeit bewahrt und ihn von den Max Giesingers der Republik abhebt.

Als Encore gibt es, ebenfalls vorhersehbar, den Schmachtfetzen „Wie soll ein Mensch das ertragen“ und „Wo fängt dein Himmel an“. Zwei Stunden Herzschmerz und seichte Melancholie sind dann vorüber, im angehenden Licht blickt man in beseelte Gesichter. Poisel scheint doch alles richtig gemacht zu haben.