Philippe Starck wird siebzig und ist immer noch gefragt. An vielen Stellen stolpert man über seine frechen Entwürfe.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Es gab Zeiten, da gehörte es fast schon zum guten Ton, die „Juicy Salif“ in der Küche stehen zu haben. Dabei gibt es definitiv praktischere Zitronenpressen als jene – siehe Bild unten – von Philippe Starck. Die spitzen Füße des dreibeinigen Ungetüms hinterlassen Kratzer auf der Arbeitsfläche, es presst sich nicht allzu einfach auf dem metallenen Objekt, und vor allem gibt es kein Sieb, um die Kerne aufzufangen. Trotzdem wurde Starcks Zitronenpresse, die Alessi 1990 auf den Markt brachte, kurzerhand zum Statussymbol. Deshalb gab der italienische Hersteller zum zehnten Geburtstag sogar eine Sonderedition in Gold heraus– allerdings mit dem Hinweis, sie der Gesundheit wegen bitte nicht zu benutzen.

 

Aber so ist das eben mit gutem Design, dass es ästhetisch Maßstäbe setzt, dabei aber nicht immer funktional ist. Philippe Starck ist es in jedem Fall gelungen, mit seinen Entwürfen aufzufallen und sich auch in der breiten Öffentlichkeit mit Alltagsprodukten einen Namen zu machen. Auch die Armaturen aus der Serie Axor aus dem Hause Hansgrohe haben Maßstäbe gesetzt: Der minimalistische, geradlinige Wasserhahn, der letztlich nur aus zwei Rohren besteht, ist längst ein Klassiker und wurde vielfach kopiert und imitiert. Auch seinen „Louis Ghost“ hat man oft gesehen. Der transparente Kunststoffstuhl greift die barocken Formen des Louis-XV-Stils auf und ist ein Sitzmöbel mit Witz.

Mit der Yacht für einen Milliardär hat sich Starck ins Luxussegment vorgewagt

An diesem Freitag wird Philippe Starck siebzig Jahre alt – und mit seinen Entwürfen ist er präsent wie eh und je, was seiner Überzeugung entspricht. Denn er ist einstmals angetreten, demokratisches Design zu machen, also Gegenstände für alle, die oft frech und ironisch daherkommen. Inzwischen hält Starck es nicht mehr gar so streng mit seinem Credo. Vor ein paar Jahren machte er Schlagzeilen mit der Gestaltung einer exklusiven Segeljacht für den russischen Milliardär Andrej Melnitschenko: Die in Kiel gebaute „Sailing Yacht A“ soll 400 Millionen Euro gekostet haben.

Starck ist eben durchaus vielseitig, hat Architektur wie auch Produktdesign geprägt. Er wurde 1949 in Paris geboren, der Vater war Flugzeugkonstrukteur. Nach dem Studium an der École Nissim de Camondo in Paris hatte er bald Erfolg mit Aufblas-Möbeln. Er reiste durch die Welt, bis er sich 1980 selbstständig machte mit seiner Firma Starck Products.

Sogar die Wohnräume des ehemaligen französischen Präsidenten hat Starck gestaltet

Den großen Durchbruch hatte Starck, als er 1982 die Wohnräume des französischen Präsidenten François Mitterrand im Élysée-Palast gestalten durfte. Ein Designer, ist Starck überzeugt, müsse immer in die Zukunft blicken und seiner Zeit mindestens zwanzig Jahre voraus sein. Er will nicht provozieren, sondern vor allem verkäufliche Produkte entwerfen, die auch vergleichsweise erschwinglich sind. Ganz zeitlos waren seine Entwürfe freilich nicht immer. Wenn er ungewöhnliche Materialien wie Plüsch und Chrom kombinierte oder auch Fernseher aus recycelten Gehäusen aus Pressspan schuf, folgte er durchaus dem Zeitgeist – wie er heute auch selbst durchaus selbstkritisch bilanziert.