Neun Hacker und ihr Kampf für mehr Gerechtigkeit auf der Welt: Das Phoenix Ensemble Lebenswelten führt am 7. und 8. Juli seine Version von Schillers „Die Räuber“ auf. Die Zuschauer begegnen nicht nur den modernen Räubern, sondern auch den Figuren aus dem Original.

Schorndorf - Wenn die neun jungen Schauspieler des Phoenix Ensemble Lebenswelten am 7. Juli ihre Inszenierung von Schillers „Die Räuber“ zum ersten Mal auf der Bühne zeigen, dann ist das nicht nur ganz offensichtlich eine Premiere. Als das Schauspielprojekt Lebenswelten vor vier Jahren begonnen hat, da haben sich die Teilnehmer – Jugendliche aus Schorndorf und junge Flüchtlinge aus allen Ecken der Welt – zunächst mit ihrer eigenen Biografie auseinandergesetzt.

 

Entstanden sind Szenen, in denen die Jugendlichen ihre Erlebnisse verarbeitet haben. „Doch jetzt gab es den Wunsch der Ensemblemitglieder, ein deutsches Stück zu machen – weil sie schließlich in Deutschland leben“, erzählt Soran Assef, Leiter des Figurentheaters Phoenix, zu dem das Ensemble gehört. Die Wahl ist schließlich mit Schillers „Die Räuber“ auf einen echten Klassiker gefallen. „Schiller war, als er das Stück geschrieben hat, erst 22 Jahre alt und damit in der gleichen Lebensphase wie die Schauspieler“, nennt Soran Assef einen Grund. Klar sei allerdings von Anfang an gewesen, dass das Stück in die Gegenwart verlagert werden soll.

Hacker als neue Rebellen

Zu welchen Mitteln würden die Räuber heute greifen, wer handelt heute rebellisch? Als Antwort auf diese Frage hat sich das Ensemble Lebenswelten dafür entschieden, neun junge Aktivisten, neun Hacker auftreten zu lassen. Diese treffen sich in einem leer stehenden Industriegebäude, ein jeder bringt einen Kampf für eine andere Gerechtigkeit mit.

Trailer 3 "Die Räuber" from Figuren Theater Phoenix on Vimeo.

Die eine ist eine extreme Tierschützerin, die andere gegen den Krieg, der dritte setzt sich gegen den Klimawandel ein. Und mittendrin ist der junge Schauspieler Mahdi, der an einem Theaterprojekt arbeitet: Er soll eine zeitgemäße Adaption von Schillers Räuber schaffen. Dafür probiert er mit seinen Mitstreitern unterschiedliche Theaterelemente aus.

Schiller kommt manchmal in neuem Gewand daher

Der Zuschauer begegnet in dem Stück also nicht nur den modernen Räubern, sondern auch Figuren aus Schillers Vorlage: Karl Moor, seinem Bruder Fritz oder seiner Verlobten Amalia. Die Handlung hat das Ensemble Lebenswelten bei den Proben gemeinsam entwickelt, Theaterleiterin Ute Assef hat im Nachgang die entstandenen Szenen niedergeschrieben. Immer wieder darf gerätselt werden: War das jetzt ein Schiller-Zitat oder nicht? „Uns war es wichtig, dass das nicht immer sofort zu erkennen ist“, erzählt Ute Assef. Aber es wird auch Originalpassagen geben, „und das war gar nicht so einfach, diese zu lesen und zu sprechen“, sagt Ensemblemitglied Weiso, der aus Syrien kommt.

Bis kurz vor der Premiere ist das Stück immer noch im Werden: „Wir haben zwar entschieden, dass eine Person sterben wird, aber wir wissen selbst noch nicht, wen es trifft“, sagt Soran Assef und lacht. Die einzelnen Figuren zu entwickeln – das war für die Ensemblemitglieder ebenfalls eine Premiere. „Bisher haben wir eher kurze Szenen gespielt. Sich jetzt intensiv in eine Rolle hineinzudenken, einen Charakter zu erschaffen, der ein Teil von uns wird, das ist toll“, sagt Liliana Iodice, die die Anführerin Maricruz spielt. „Ich erwische mich immer wieder dabei, wie ich darüber nachdenke, was Maricruz in einer bestimmten Situation machen würde“, erzählt die junge Frau.

Die Rollen werden im Internet Realität

Nicht nur deswegen sind die Figuren des Stücks in gewisser Weise real geworden: „Jede Rolle hat einen eigenen Facebookaccount“, erzählt die Theaterpädagogin Shermen Assef. Auf den Profilen lässt sich entdecken, für was Maricruz und ihre Mitstreiter einstehen. Die Charaktere kommunizieren miteinander und auch mit anderen realen Personen. „Soziale Medien sind überall präsent und spielen auch im Stück eine Rolle – deswegen war dieser Schritt für uns logisch“, erklärt Shermen Assef.

Weil es den Mitwirkenden wichtig war, dass nicht nur die Figuren, sondern auch ihr Tun realistisch ist, hat ein IT-Berater die Handlungen der modernen Räuber überprüft. „Das war interessant: Wir haben uns einen Hackerangriff überlegt – und kurze Zeit später ist so etwas tatsächlich passiert“, sagt Soran Assef, der nicht nur über die moderne Kriminalität mehr erfahren hat – sondern auch über den Klassiker „Die Räuber“: „Ich habe den jungen, zornigen Schiller neu für die Bühne entdeckt.“

Info: Das Stück wird am 7. und 8. Juli jeweils um 20 Uhr aufgeführt.