Mit den aktuell 900 PV-Anlagen der Stadtwerke Stuttgart können rund 3900 Haushalte mit Strom versorgt werden. Dieser Ausbau klingt gut und ist auch eine große Leistung. Doch insgesamt hinkt die Stadt ihren Zielen weit hinterher.
Die Stadtwerke Stuttgart haben in den 13 Jahren ihres Bestehens in Stuttgart mehr als 900 Fotovoltaikanlagen installiert. Das geht aus einer Karte hervor, die die Stadtwerke auf Anfrage unserer Redaktion herausgegeben haben. Diese Anlagen mit einer Leistung von 14,5 Megawattpeak erzeugen jährlich 13,6 Millionen Kilowattstunden Strom – das deckt den durchschnittlichen Bedarf von knapp 4000 Haushalten.
Zuletzt kamen etwa zwei Solaranlagen im Neckarpark in Bad Cannstatt hinzu. Auf den neuen „Stuttgarter Höfen“ der Bülow AG wurden 600 Panels mit einer Gesamtleistung von rund 230 Kilowattpeak (kWp) aufgeständert. Auch die Anlagen am neuen zentralen Sitz der Stadtwerke in der Kesselstraße ist eindrücklich.
Besonders sonnige Standorte sind für die Stadtwerke die Bezirke Vaihingen (132 Anlagen mit 1800 kWp), Bad Cannstatt (77 Anlagen mit 1600 kWp), Möhringen (80 Anlagen mit 1400 kWp) sowie Wangen mit zwar nur 16 Anlagen, die aber größer sind und zusammen 1120 kWp Leistung erbringen.
Aber wie viel ist das nun? Das kommt immer darauf an, mit welchem Wert man vergleicht. So haben die Stadtwerke in den vergangenen Jahren zwei Freiflächen-Solarparks bei Habscheid und bei Niederkirchen in Rheinland-Pfalz erworben. Sie besitzen zusammen eine Leistung von rund 40 Megawattpeak, also knapp dreimal so viel wie alle PV-Anlagen der Stadtwerke in Stuttgart. So gesehen ist das also nicht viel.
Umgekehrt kommen alle Solaranlagen in Stuttgart, also auch jene auf privaten Häusern oder auf Dächern von Unternehmen, zusammen auf eine Leistung von 80 Megawattpeak. Die Zahl stammt aus dem im vergangenen Jahr veröffentlichten Energie- und Klimabericht und gilt für 2023. Daran haben die Stadtwerke also mit ihren 14,5 Megawattpeak einen Anteil von fast 20 Prozent – das ist doch beachtlich.
Um bis 2035 klimaneutral zu sein, muss die Stadt immens zulegen
Allerdings: Im Vergleich mit den Zielen, die sich die Stadt Stuttgart vorgenommen hat, sind die Werte doch wiederum eher bescheiden. Denn um bis 2035 klimaneutral zu werden, müsste die Photovoltaik bis dahin auf mindestens 520 Megawattpeak ausgebaut werden. In zehn Jahren müsste man also mehr als eine Versechsfachung schaffen. Der McKinsey-Report von 2022 ist sogar der Ansicht, dass ein vierfach höheres Ziel notwendig sei, um die Klimaneutralität zu schaffen. Das dürfte kaum zu schaffen sein, trotz der Dynamik, die auch in Stuttgart entstanden ist.
Eines der Probleme der Stadtwerke ist dabei, dass das Geschäft mit der Photovoltaik sehr kleinteilig ist, wie man im Vergleich mit den Solarparks jenseits von Stuttgart sieht. Es ist doch sehr viel bequemer und vermutlich auch lukrativer, einen solchen Park zu kaufen als viele Hunderte kleine Anlagen zu bauen. Dann finden die CO2-Einsparungen aber nicht in Stuttgart statt, was etwa der Verein Haus und Grund in Stuttgart kritisiert. Die Klimabilanz der Stadt werde dadurch nur kosmetisch verbessert, betont der Vorsitzende Joachim Rudolph. Stattdessen solle das Geld lieber in die Förderung von Wärmepumpen und von energetischen Sanierungen gesteckt werden.
Peter Drausnigg, der Technische Geschäftsführer der Stadtwerke, sieht zudem ein Problem bei Mehrfamilienhäusern, deren Anteil in Stuttgart besonders hoch ist. Dort hake es an guten Lösungen für gemeinschaftliche Solaranlagen, weshalb sich viele Eigentümergemeinschaften nicht zu einer Installation entschließen könnten. Da neue Messkonzepte eingebaut werden müssten, erhöhten sich oft die Kosten derart, dass mache manche Anlagen unwirtschaftlich würden.
Das Pachtmodell mit privaten Hauseigentümern haben die Stadtwerke mittlerweile sogar ganz eingestellt. „Die meisten wollen es lieber selbst machen“, sagt Stefan Ronzani, der Leiter der Photovoltaik-Abteilung der Stadtwerke.
Kooperationen mit Wohnbaugesellschaften soll Schwung bringen
Dagegen haben die Stadtwerke vor zwei Jahren die Kooperation mit zwei Wohnungsbaugesellschaften forciert, um in die Breite zu kommen. Mit der städtischen Gesellschaft SWSG sollen bis 2035 so viele Anlagen errichtet werden, dass damit 9000 Wohnungen beliefert werden könnten – geplant seien Anlagen mit 25 Megawattpeak Leistung. Peter Drausnigg sagt aber nach den jüngsten Entwicklungen schon heute, dass es länger dauern werde, um dieses Ziel zu erreichen.
Daneben besteht ein Vertrag mit dem Bau- und Wohnungsverein Stuttgart – man gehe von einem Potenzial von fünf Megawattpeak aus. Insgesamt seien 150 Anlagen bereits fertiggestellt, 60 seien im Bau, 50 weitere in Planung, so Stephan Stegmann, der Sprecher der Stadtwerke.