Stefanie Rosenberger ist Physiotherapeutin und auf Patienten mit Mukoviszidose spezialisiert. Sie nimmt weite Wege in Kauf, die die Krankenkassen nur teilweise honorieren. Nähe und Distanz spielen auch auf andere Art und Weise eine große Rolle in ihrem Job.

Kreis Ludwigsburg - Zig Kilometer hin, zig Kilometer zurück. Gestern Tübingen, heute Ludwigsburg, morgen Heilbronn, übermorgen vielleicht Böblingen. Stefanie Rosenberger ist viel unterwegs, ihr Büro ist in ihrem Auto untergebracht. Die Physiotherapeutin kommt zu ihren jungen und älteren Patienten, wenn diese auf spezielle Hilfe angewiesen sind, aber selbst keine weiten Wege zurücklegen können. Speziell für Mukoviszidosepatienten ausgebildete Physiotherapeuten sind rar.

 

„Es ist eine sinnvolle und erfüllende Aufgabe“, sagt Rosenberger. Aber die Tätigkeit ist offenbar auch nicht jedermanns Sache. „Man liebt es oder lässt es bleiben nach sehr kurzer Zeit“ beobachtet sie. Die 55-Jährige hat ihre Patienten vor mehr als drei Jahrzehnten gefunden, damals im Olgahospital.

Ditzinger Lebenslauf macht ihre Tätigkeit möglich

Inzwischen ist Rosenberger beim Mukoviszidoseverein Baden-Württemberg angestellt. Ein Großteil der ihr entstehenden Kosten werden durch Spenden finanziert. Die Kasse bezahle eine Hausbesuchspauschale, erzählt sie. Benzin, Reparatur, geschweige denn die Kosten für das Fahrzeug würden nicht übernommen. Die Spenden des Ditzinger Lebenslaufes dienen deshalb der Finanzierung auch ihrer Tätigkeit.

Lesen Sie hier mehr über den Ditzinger Lebenslauf in der Glemsaue

Rosenbergers Arbeit hat sich im Lauf der Jahrzehnte mit den Patienten verändert. Vor 30 Jahren war der Mukoviszidose-Patient ein schwerst kranker Mensch, er war „mehr in der Klinik als zuhause“. Heute gebe es natürlich immer noch sehr kranke Kinder, aber die meisten jungen Menschen stünden „im Leben, wie alle anderen auch“. Möglich ist das aber offenbar nicht, weil sich der Mensch oder die Stoffwechselkrankheit verändert. Früherkennung und Prophylaxe können den Krankheitsverlauf beeinflussen, erklärt Rosenberger. Dabei geht es um spezielle Übungen, mit denen sich der Körper vom zähen Schleim befreien kann, der beim gesunden Menschen dünnflüssig ist und deshalb kein Problem für die Organe darstellt (siehe Infokasten). Dabei geht es auch um die Ernährung und die Mobilität des Körpers insgesamt. „Es ist wie mit Yoga. Sie werden beweglicher sein, wenn Sie mit 20 beginnen, einmal pro Woche Yoga zu machen, als wenn sie mit 65 anfangen und es dreimal die Woche machen.“

Auch wenn die Lebenserwartung heute mit 53 Jahren deutlich höher ist als zu Beginn ihrer Berufslaufbahn, so sei die lebensverkürzende Diagnose „immer noch ein Schock“ für die Eltern, beobachtet Rosenberger. Einige sonst gesunde Babys fielen nur durch das sogenannte Screening auf, die Früherkennung. Umso früher könne mit der Therapie begonnen werden.

Konfrontation mit dem Lebensende

Rosenberger verhehlt nicht, dass sie die Konfrontation mit der lebensverkürzenden Krankheit beschäftigt: „Abgrenzung ist ein großes Thema.“ Sie begegne ihren Patienten im Kindesalter, „zehn, 20 Jahre später tauchen sie dann vielleicht wieder auf“, erzählt sie, eben dann, wenn sich die Wege von Patient und Therapeutin abermals kreuzen, weil es nicht so viele auf Mukoviszidose spezialisierte Therapeuten gebe. Man gehe durch Höhen und Tiefen miteinander, berichtet sie. Manch einen begleitet sie zehn, 15 Jahre, sieht ihn alle 14 Tage eine Stunde. „Man begegnet sehr vielen, sehr besonderen Menschen.“ Menschen, die im Bewusstsein leben, das Leben sei endlich. Damit muss auch die Therapeutin umgehen. Sie sagt: „Ich bin an vielen Gräbern gestanden.“

Die Krankheit

Mukoviszidose oder auch cystic fibrosis – kurz: CF – ist eine angeborene Stoffwechselerkrankung. Sie gehört zu den seltenen Erkrankungen. In Deutschland leben bis zu 8000 Patienten mit Mukoviszidose. Mukoviszidose wird durch eine Genveränderung verursacht. Die Mutation führt zu einem Defekt in der Zelloberfläche. In der Konsequenz entsteht zäher Schleim, der lebenswichtige Organe verstopft. Hierzu zählen vor allem die Lunge, die Bauchspeicheldrüse sowie die Galle, die Leber und auch der Darm.

Die Tradition

Der Ditzinger Lebenslauf ist zu einer festen Größe im Veranstaltungskalender von Ditzingen und landesweit im Veranstaltungskalender der Spendenläufe geworden. Am vergangenen Sonntag wäre es wieder soweit gewesen: Die Glemsaue wäre bevölkert worden von Joggern, Spaziergängern, Walkern – und Unterstützern. Sie laufen, haben sich aber zuvor einen Sponsor gesucht. Dieser spendet für jeden gelaufenen Kilometer einen selbst gewählten Betrag. Mit den Spenden werden Projekte in der Region gefördert.

Die Veranstaltung

Weil das Coronavirus Großveranstaltungen unmöglich gemacht hat, haben die Organisatoren eine neue Form des Lebenslaufs erdacht: Es wird an vielen Tagen an vielen Orten gelaufen; auch Walken, Skaten und Fahrradfahren sind möglich. Letztgenannte Möglichkeiten sind jedoch in der Glemsaue wegen der Beschaffenheit des Bodens nicht möglich. Der Lebenslauf begann am 22. April und geht bis kommenden Sonntag, 3. Mai. Die Anmeldung erfolgt unter www.ditzinger-lebenslauf.de.