Pierre-Michel Lasogga zieht nicht nur als Torschütze eine Show ab, sondern auch als Star einer Doku-Soap. An dem extrovertierten
Stürmer und der Familie scheiden sich die Geister.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Mutti ist die Beste! Findet der HSV-Stürmer Pierre-Michel Lasogga. Im Prinzip ist bei dem 26 Jahre alten Fußballer immer Muttertag. Er ließ sich das Konterfei von Mama Kerstin schließlich auf den Unterarm tätowieren – stramme 20 Zentimeter im Durchmesser. Freundin Sally hat kein Problem damit. Sie wirft Pierre-Michel auch nicht vor, er sei ein Mamakind. Sally ist nämlich Teil einer ganz wunderbaren Familie. „Ich gehöre richtig dazu“, sagt sie.

 

Diese Familie, das sind die Lasoggas.

Im Spitzenspiel gegen den 1. FC Köln erzielte Sohnemann Pierre-Michel den Siegtreffer für den HSV. Die Hamburger führen damit die zweite Liga pikanterweise vor dem Erzrivalen FC St. Pauli an – die Aufstiegsträume werden an der Elbe also real. Dass ausgerechnet Lasogga die Bude machen würde, kündigte sich überdies in den vergangenen Wochen an. Bei dieser Vorbereitung? Kein Wunder.

Die „Bild“-Zeitung startete ihre erste Fußballer-Soap mit dieser schrecklich netten Familie Lasogga, in deren Zentrum Mama Kerstin steht. In den weiteren Rollen: der Kicker Pierre-Michel, Schwesterherz Jenny, die Brüder Gian-Luca und Etienne – aber auch Sally ist dabei. Bei den Lasoggas kann jetzt jeder ins Wohnzimmer gucken. Oder in den Garten.

Schummeln beim Pingpong

Dort spielt Pierre-Michel mit seiner Mutter Pingpong und schummelt beim Zählen – was dem resoluten Familienoberhaupt gar nicht passt. Dann wieder schminkt sich Schwester Jenny für den großen gemeinsamen Familienausflug – es geht zum nächsten Heimspiel. Alle dabei. Mit Mann und Maus. Das sind die Lasoggas. „Beim HSV ist immer Halligalli, deshalb ist es geil, im Stadion zu sein“, sagt Kerstin Lasogga, eine Frau der Kategorie „Forever young“.

Sohnemann Pierre-Michel hingegen erinnert sich in dem Film an sein erstes Bundesligator für Hertha BSC, wo die Karriere des Ruhrpottbuben erst so richtig begann. „Den Tag hätte man nicht besser schreiben können“, sagt Lasogga und offenbart nicht nur bei dieser Aussage dezente sprachliche Unsicherheiten. Macht aber nix, so sind sie, die Lasoggas – ein bisserl auch wie du und ich. „Boah, jetzt kommen die wieder mit 20 Leuten an“, sagt der Fußballer über den gefühlten Empfang beim geballten Familienauftritt im Stadion, aber was soll’s: „Wir sind, wie wir sind – und brauchen uns nicht zu verstellen.“

Mutter Kerstin muss man sich ja auch wirklich nicht in Kittelschürze vorstellen. Sie ist die ausgeflippteste Spielermama des deutschen Fußballs – ausgestattet mit dem Talent, sich und ihre Bande wunderbar zu inszenieren.

Mama im offenen Ferrari

Warum auch nicht? Frau Lasogga röhrt nicht nur in einem offenen Ferrari durch die Gegend – sie zeigte derweil auch bei den Vertragsgesprächen mit der HSV-Führung, dass sie nicht nur die Fähigkeit grenzenloser Mutterliebe besitzt, sondern auch eine knallharte Verhandlungspartnerin ist. So leierte sie den normalerweise humorlosen HSV-Granden einen Traumvertrag für Muttis Liebling heraus. Sie verkaufe ihren Sohn nicht unter Wert, sagte Kerstin Lasogga hinterher und betonte: „Kein Mensch würde einfach so auf Geld verzichten, wenn es ihm zusteht.“ Seither donnern jährlich 3,4 Millionen Euro aufs Konto des Stürmers – und damit womöglich auch auf das Sparbuch der ganzen Sippe.

Pierre-Michel Lassoga ist der Rekordverdiener der zweiten Liga – Mutti sei Dank! „Immer nur lieb sein, damit kommst du nicht weit“, sagt Kerstin Lasogga über ihre Verhandlungstaktik, die sie trotz der zur Schau gestellten Schlichtheit im Familienverbund zu einer Fußballmanagerin der Kategorie Angela Häßler und Gaby Schuster macht. Charmant, aber auch hart und kompromisslos. Wenn Frau Lasogga im Anmarsch ist, wird’s für die Vereinsfunktionäre ungemütlich. „Pierre hielt den Ball in den Händen, da konnte er nicht mal laufen“, sagt sie selbstbewusst über ihre Lebensversicherung.

Der HSV war nicht immer glücklich

Mutterliebe kann auch materiell bereichern – doch was Kerstin Lasogga für ihren Sohn herausholte, war ein Riesending. Nicht immer waren sie beim HSV glücklich mit dem Stürmer, der verletzungsanfällig war und hin und wieder aus zehn Metern kein Scheunentor traf. Deshalb haben sie ihn auch zu Leeds United in die zweite englische Division ausgeliehen. Aber: In dieser Zeit ist der HSV abgestiegen – ohne Lasogga. Und er hat oft die ganz wichtigen Tore gemacht. Im Relegationsrückspiel am 18. Mai 2014 erzielte er den Führungstreffer beim 1:1 gegen Fürth, durch das der HSV nach dem 0:0 im Hinspiel in der Bundesliga blieb. Und am 13. Mai 2017 wurde er am vorletzten Spieltag auf Schalke in der 85. Minute eingewechselt und machte in der zweiten Minute der Nachspielzeit das Tor zum 1:1-Endstand. Damit war abermals der Weg für den Klassenverbleib geebnet. Schon wieder hatte Lasogga den großen Traditionsverein vor dem Untergang bewahrt.

Für einen zwei Meter hohen Bronzefuß wie den von Uwe Seeler vor dem Volksparkstadion wird es wohl nicht reichen. Und doch wird der kernige Bursche bei den Hanseaten in die Geschichte eingehen als zweimaliger Retter und einfach gestrickte, aber liebenswert verrückte Identifikationsfigur – so wie Lukas Podolski seinerzeit in Köln.