Brachflächen wenigstens zeitweise für Wohnungsbau nutzen? Diese modellhafte Umsetzung dieser Idee soll in der Stuttgarter City wissenschaftlich begleitet werden.

Die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) will das temporäre Wohnen auf ihrem Campus unweit der Liederhalle auf ein „professionelles Niveau heben“, sagt Rektor Professor Joachim Weber. Vor einem Ausschuss des Gemeinderats haben er und Mitstreiter das Projekt Mobile Living vorgestellt. Vorerst geht es um 22 Wohnungen, in denen 44 Studierende unterkommen könnten. Viele noch offene Fragen sollen in dem als Reallabor konzipierten Projekt beantwortet werden. Die gewichtigste ist, neben der Bereitstellung von Grundstücken, die der Kosten.

 

Zurzeit zieht die DHBW an der Lerchenstraße einen gewaltigen Neubau für die Fakultät Technik hoch. Seit März füllt er sich mit Großgeräten für die Labore. Bis nebenan auf der Brache in einem zweiten großen Bauabschnitt die Fakultät Wirtschaft eine neue Heimat finden wird, könnten gut und gerne zehn Jahre vergehen. Bis dahin könnte die immerhin 5600 Quadratmeter große Brache Wohnungen für Studierende aufnehmen. In Fertigbau-Modulen, die quasi in Serie gehen und diverse weitere Brachen in der Stadt zumindest zeitweise besiedeln könnten. Sie sollen einfach auf- und abbaubar sein.

Beim Bundeswettbewerb dabei

Die DHBW hat ihr Projekt, das an der Lerchenstraße noch den Aspekt nachhaltige Mobilität (Parken, Laden, Parkhaustürme für Räder) umfasst, auf den etwas sperrigen Namen MoCLi getauft. Damit soll die klima- und ressourcenschonende Veränderung des Mobiliäts-, Wohn-, Lebens- und Logistikverhaltens erprobt werden. Beim Bundeswettbewerb für Reallabore des Wirtschaftsministeriums kam man dabei in der Kategorie Nachhaltigkeit Ende Mai in die Finalrunde.

Joachim Weber will mit dem Projekt auf Baustelle. Die CDU hatte mit ihrem Haushaltsantrag, zehn Millionen Euro für temporäres Wohnen zu geben, Ende 2021 eine Mehrheit gefunden. Die 22 Wohneinheiten der DHBW, jede rund 44 Quadratmeter groß, sind vorläufig mit 4,5 Millionen Euro berechnet, ein Drittel davon könnte die Stadt beisteuern. Im Ausschuss traf das Vorhaben unisono auf Wohlwollen, wenngleich die Begrenzung auf nur zwei Stockwerke von den Grünen genauso hinterfragt wurde wie der hohe Anteil an Stellplatzfläche von der CDU. „Feintuning“ sei noch notwendig, so CDU-Fraktionsvorsitzender Alexander Kotz. Rose von Stein (Freie Wähler) monierte zunächst extreme Quadratmeterpreise von über 9000 Euro, erkannte dann ihren Rechenfehler und korrigierte auf rund 4650. Ihre Einschätzung „günstiges Wohnen wird das nicht“ bleibt dennoch bestehen, denn der Grundstückswert oder eine Pacht soll nicht in Rechnung einfließen. „Wir gehen davon aus, dass wir den Boden kostenlos erhalten“, sagte Professor Klaus Homann, darüber verhandele man mit dem Finanzministerium. Die Baukosten, räumte Homann ein, seien angesichts von Materialknappheit, zu der der Krieg von Russland gegen die Ukraine noch beiträgt, „sehr schwer einschätzbar“. Die Frage nach der Höhe der Miete für die Studierenden, die SPD-Chef Martin Körner stellte, bleib daher unbeantwortet.

Knackpunkt sind die Kosten

Hildegund Oswald, die als selbstständige Beraterin das Konzept ersann, glaubt, dass es in der Landeshauptstadt viel mehr Grundstücke für temporäres Wohnen gebe, als man letztlich benötige. Wer eine Fläche besitze, könne selbst entscheiden, wie lange diese durch die Module belegt werden sollten. „Wir hinterlassen das besenrein“, so Weber zum eigenen Standort. Noch steht die Idee am Anfang. „Am Ende wird es um die Frage gehen, was es kostet, wie hoch die Mieten und wie haltbar die Gebäude sind“, so Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne).