Pelz tragen und Arten schützen, geht das zusammen? Ja, sagen die Initiatoren eines bundesweiten Vorreiterprojekts namens „Fellwechsel“. Auf keinen Fall, sind hingegen Tierschützer überzeugt.

Rastatt - Über dem Tisch aus Metall baumelt am spiralförmig von der Decke hängenden Kabel eine Druckluftpistole, die beim Fellabziehen helfen soll. Daneben liegen ein Wetzstab zum Schärfen von Messern und ein sogenanntes Gekrösemesser mit abgerundeter Spitze. „Damit man ein Tier aufschneiden kann, ohne Organe wie Magen oder Darm zu verletzen“, erklärt Frederik Daniels, Leiter der Abbalgstation in Rastatt, wo Tieren - vereinfacht gesagt - das Fell über die Ohren gezogen wird. Verschmutzt werden soll das dabei nicht. Denn um Fell und Pelz geht es bei „Fellwechsel“ - einem bundesweit einmaligen Vorreiterprojekt zur nachhaltigen Nutzung von Fell aus heimischer Jagd. Die Abbalgstation nimmt kommende Woche den Betrieb auf.

 

Dafür geben Jäger aus ganz Deutschland seit Monaten erlegte Tiere in inzwischen mehr als 260 Abgabestellen bundesweit gegen ein geringes Entgelt ab. Von dort kommen die toten Stein- und Baummarder, Füchse, Waschbären sowie Bisam oder Nutria - mehrere tausend sind es schon - tiefgefroren nach Rastatt. Statt beim Abdecker landen sie dann, aufgetaut natürlich, auf dem Metalltisch der Abbalgstation. Danach kommt ihr abgezogenes Fell zu deutschen Gerbern und Kürschnern, die daraus Kissen, Kragen, Jacken mit Fellfutter oder Taschen fertigen. „Es ist ein Alleinstellungsmerkmal“, sagt Torsten Reinwald vom Deutschen Jagdverband. „Fell aus heimischer Jagd wird bei uns verarbeitet - kein Fell aus Massentierhaltung, kein Tier aus Qualhaltung.“

Die Felle sollen an große Kunden verkauft werden

Während in den säuberlich verputzen Containern mit Kunststoffwänden und abwaschbaren Böden in Rastatt zunächst nur blockweise gearbeitet wird, ist der Dauerbetrieb fest vorgesehen. Langfristig wollen die Betreiber rund hundert Tieren pro Tag das Fell über die Ohren ziehen und auf den Markt bringen. „Ab rund 7000 bis 10 000 Fellen pro Jahr rechnet sich das“, sagt Daniels.

Das Geld für die Fellwechsel GmbH, einer Tochtergesellschaft des Deutschen Jagdverbandes (DJV), soll aus Auktionen kommen, auf denen die Felle an Pelzhändler versteigert werden sollen. Viel verspricht sich Daniels auch von der eigenen Vermarktung: So sollen „Fellwechsel“-Artikel über den Online-Shop des DJV verkauft werden. Auch Besuche auf Messen sind geplant - und natürlich sollen die Felle auch an große Kunden verkauft werden.

Verzicht auf Importfelle

Einer davon ist die Blaser Jagdwaffen GmbH aus Isny im Allgäu. Sie verzichtet eigenen Angaben zufolge bewusst auf Importfelle und bietet im Herbst drei Jackenmodelle mit Pelz aus Rastatt an. „Eine sinnvolle und nachhaltige Verwendung natürlicher Ressourcen ist uns ein Anliegen“, sagt Blaser-Outfits-Chefin Simone Schmidt. Eine langfristige Zusammenarbeit mit „Fellwechsel“ sei angestrebt.

Die Idee zum Projekt kam dem DJV und dem Landesverband Baden-Württemberg vor etwa zwei Jahren. „Bislang wurden nur etwa zehn Prozent der Felle von Tieren aus der Jagd nachhaltig genutzt“, sagt DJV-Sprecher Reinwald. „Diesen Anteil wollten wir deutlich steigern.“ Käufer von Pelzprodukten sollen dank „Fellwechsel“ ein gutes oder zumindest besseres Gefühl haben als beim Erwerb von Billigpelzen. Die „Fellwechsel“-Felle sind mit Marken und Strichcode versehen, die eine lückenlose Dokumentation ihrer Herkunft ermöglichen.

Felle landen derzeit im Müll

Ein honoriger Ansatz sollte man meinen - schließlich landete das Fell von hunderttausenden toten Tieren aus heimischer Jagd bisher im Müll. Tierschützer haben dennoch wenig Verständnis. „Der Deutsche Tierschutzbund stehe dem Vorhaben aus vielerlei Gründen ablehnend gegenüber“, sagt Sprecherin Lea Schmitz. Zum einen füge schon die Jagd an sich Tieren unnötiges Leid zu. Zum anderen seien sogenannte Ökopelze „letztlich nur ein Etikettenschwindel auf Kosten der Tiere“. Denn auch für diese Pelze müssten Tiere leiden und sterben. Außerdem würden etwa beim Gerben keinesfalls nur natürliche Stoffe eingesetzt.

Immerhin aber stammen in deutschen Wäldern erlegte Tiere aus freier Wildbahn und nicht aus von Tierschützern kritisierten Pelzfarmen in Ländern wie China oder Polen. Könnte „Fellwechsel“ da nicht zumindest helfen, den Verbrauch von mit großem Tierleid erkauften Pelze wenigstens zu verringern?

Problem: Billigware aus China

Das bezweifelt der Deutsche Tierschutzbund ebenfalls stark. Die meisten würden weiter zu den günstigen Jacken mit Echtfellkragen oder Mützen mit Echtfellbommeln aus China greifen „und nicht eine teurere Jacke mit echtem Fuchsfell aus heimischen Gefilden vom deutschen Kürschner wählen“, sagt Sprecherin Schmitz.

Darin sind sich die Tierschützer übrigens ausnahmsweise einig mit dem Jagdverband und den Betreibern von Fellwechsel. „Solange Verbraucher sich auf Billigware stürzen, hat Fell aus nachhaltiger Haltung keine Chance“, sagt Verbandssprecher Reinwald vom Jagdverband. „Fellprodukte von „Fellwechsel“ werden keine Massenware werden.“