Der Hebammenakutdienst, der Ende Dezember bis über den Jahreswechsel in Stuttgart angeboten wurde, ist sehr gut angekommen. Dennoch blieben viele Termine über Weihnachten frei.

Stuttgart - Mindestens 20 bis 30 Hebammen hat die junge Mutter vor der Geburt ihres Kindes kontaktiert. Allesamt vergeblich. Als Katrin – ihren vollständigen Namen möchte sie nicht nennen – am 19. Dezember ihre Tochter zur Welt gebracht hat, hatte sie, außer einer vagen Hoffnung auf einige ambulante Hebammentermine im neuen Jahr, keinerlei Aussicht auf fachkundige Betreuung im Wochenbett.

 

Für sie, wie für viele andere niedergekommene Frauen, die während der Weihnachtszeit ohne Hebamme dastanden, kam der Stuttgarter Pilotversuch zur Hebammenakutversorgung zwischen 18. Dezember und 9. Januar genau zur rechten Zeit. Im Rahmen des Projekts des Hebammenkreisverbands Stuttgart und der Hebammenkoordinierungsstelle im städtischen Gesundheitsamt konnten Wöchnerinnen, die aufgrund der allgemeinen Unterversorgung während der Schwangerschaft keine Hebamme für die Wochenbettbegleitung gefunden hatten, kurzfristig einzelne Termine bei freiberuflichen Hebammen buchen.

„Sehr belastend“

„Gerade beim ersten Kind war die Vorstellung, nach der Geburt ohne Hebamme auskommen zu müssen, sehr belastend“, sagt die 32-jährige Mutter aus Bad Cannstatt. „In meinem Stadtbezirk ist es offenbar besonders schwierig, eine Hebamme zu finden.“

Insgesamt vier Mal nahm Katrin während der Weihnachtsferien das Angebot der Hebammenakutversorgung in Anspruch. „Die Hebammen haben mir sehr geholfen und waren alle sehr einfühlsam.“ Zusammen mit ihren noch ausstehenden ambulanten Terminen, die online stattfinden, komme sie nun gut zurecht, sagt sie. „Das Angebot über Weihnachten war sehr, sehr hilfreich.“

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Ruth Hofmeister, eine von 20 freiberuflichen Hebammen, die sich an dem Stuttgarter Pilotversuch beteiligt hatten, wünscht sich einen solchen Akutdienst dauerhaft: „Es ist wirklich eine Schande, dass es das nicht immer gibt“, sagt die 36-jährige Geburtshelferin, die seit 2008 in Stuttgart als Hebamme tätig ist. „Bei meinen Besuchen im Rahmen des Projekts hatte ich oft den Eindruck, dass es gerade bei diesen Frauen extrem sinnvoll und wichtig war, dass eine Hebamme da ist und helfen kann.“ Hofmeister, die während der Projektlaufzeit neben ihrer sonstigen Arbeit als Hebamme an zwei Tagen die Notdienste angeboten hatte, hätte, wie sie betont, bis zu acht Termine täglich übernehmen können. „So viele Frauen haben sich aber gar nicht gemeldet.“

Für den Pilotversuch wurde das Stadtgebiet in vier Bereiche aufgeteilt, denen die an der Akutversorgung teilnehmenden Hebammen je nach Wohnort zugeteilt waren. „Für jeden Tag stand jeweils eine Hebamme in jedem der vier Stadtbereiche zur Verfügung“, erklärt Ruthmann. Mittwochs und samstags sah das Angebot Videosprechstunden vor.

Positive Rückmeldungen

Die positiven Rückmeldungen von Hebammen und Müttern nach Abschluss des Pilotprojekts geben nun Anlass zur Hoffnung, dass die erstmals durchgeführte Akutversorgung ein Modell für die Zukunft sein könnte – zumal der allgemeine Hebammenmangel, so viel ist abzusehen, sich trotz politischen Gegensteuerns vorerst nicht so schnell beheben lassen dürfte.

Nach Auskunft der Stadt finden derzeit jährlich mehr als 1000 Frauen in Stuttgart nach der Geburt ihres Babys keine Hebamme. Wie Katja Heß von der Hebammenkoordinierungsstelle im städtischen Gesundheitsamt erläutert, werde das Pilotprojekt durch Studentinnen des Studiengangs für Angewandte Hebammenwissenschaft der Dualen Hochschule Baden-Württemberg wissenschaftlich begleitet und evaluiert. „Jetzt wird zunächst untersucht, was gut funktioniert hat und was nicht“, sagt Katja Heß. Untersucht wird eben auch, wieso die Nachfrage trotz umfangreicher Bewerbung des Angebots nicht so groß war wie erwartet. „Die Hebammen hatten tatsächlich noch Kapazitäten frei“, sagt Heß. Von den Ergebnissen der Wissenschaftlerinnen werde abhängen, ob die Hebammenakutversorgung eine Wiederholung erfährt.