Daimler, Bosch, der Flughafen Stuttgart und der Parkraumbetreiber Apcoa preschen beim fahrerlosen Einparken vor. Zwei Parkplätze sind für die neue Technologie aufgerüstet. Jetzt ist der Gesetzgeber am Zuge.

Stuttgart - Ins Parkhaus fahren, kurz hinter der Schranke aussteigen, die Tasche nehmen, das Auto verschließen und gehen – während sich das Fahrzeug selbstständig und ganz allein seinen Parkplatz sucht. Was wie Zukunftsmusik klingt, wird am Stuttgarter Flughafen vielleicht bald Wirklichkeit. Mercedes-Benz, der Zulieferer Bosch, der Parkraumbetreiber Apcoa und der Flughafen Stuttgart haben gemeinsam die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen. Die neue S-Klasse von Mercedes-Benz, deren Auslieferung Ende des Jahres starten soll, sei das weltweit erste Serienmodell, das Autofahrern diese Annehmlichkeit bieten kann, betonen die Partner. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der Fahrer die entsprechende Park-Sonderausstattung für einen „niedrigen vierstelligen Betrag“ zuvor auch gekauft hat. Und vorzeitig aussteigen darf der Fahrer auch nur unter der Voraussetzung, dass bis dahin die Straßenverkehrsordnung entsprechend geändert ist. Erst dann kann der Fahrer über eine Mercedes App sein Auto per Smartphone allein zum Parkplatz schicken.

 

Die Zukunft beginnt im P6

Wie das funktioniert, haben die Kooperationspartner am Montagvormittag im Parkhaus 6 am Flughafen demonstriert. Mit 40 Jahren ist es eines der ältesten und damit auch engsten Parkhäuser am Flughafen, erläutert Walter Schoefer, Sprecher der Geschäftsführung vom Flughafen Stuttgart. Mit einer Geschwindigkeit von zehn Stundenkilometer ist die S-Klasse unterwegs. Wenn Menschen ihren Weg kreuzen, stoppt sie – vier Meter vor dem Hindernis. Um die enge Rampe ins Untergeschoss unfallfrei zu passieren, muss das lange Gefährt vor und zurück rangieren. Dort sind nämlich exakt zwei Parkplätze für das vollautomatisierte, fahrerlose Parken (es entspricht Level 4) technisch aufgerüstet worden.

Insgesamt 180 Kameras hat Bosch auf dem Weg vom Erd- ins Untergeschoss angebracht, die jegliche Bewegung erfassen, erläutert Rolf Nicodemus, Leiter vernetztes Parken bei Bosch. Sie allein zeigen dem Fahrzeug den Weg. Die S-Klasse selbst ist mit keiner zusätzlichen Sensorik ausgestattet. Natürlich ist auch für den Bosch-Konkurrenten Conti fahrerloses Einparken ein Thema. Doch die Hannoveraner gehen einen anderen Weg. Sie rüsten die Fahrzeuge selbst mit der dafür nötigen Sensorik aus. Wann ein Pilotprojekt gestartet werden kann, sagt die Conti- Sprecherin nicht. Auch die Annahme, dass Bosch und Daimler die Nase vorne haben, ist wohl etwas verfrüht. Denn die Autoindustrie arbeitet bei dem Wettlauf um das Parken der Zukunft nicht gegeneinander, sondern sie haben sich mit ISO 23374 vorab auf Standards geeinigt, die weltweit gelten, erläutert eine Conti-Sprecherin. Jetzt ist die spannende Frage nur, welches System sind durchsetzen wird. Es ist nicht zuletzt eine Frage, wer bereit ist die Kosten zu tragen: Nach dem Bosch/Daimler-System sind die Parkhaus-Eigentümer gefragt, nach dem Conti-Ansatz zahlt der Autokäufer die Sensorik.

Jetzt sind die Käufer gefragt

Bei Daimler hofft man nun, dass möglichst viele Autokäufer sich für die Park-Sonderausstattung, die auch erlaubte Einparkhilfen enthält, entscheiden werden, sagt Martin Hart, der bei Mercedes-Benz den Bereich Entwicklung Assistenzsysteme und Aktive Sicherheit verantwortet. Dann werde – vorgesetzt die Bundesregierung hat bis dahin die Straßenverkehrsordnung geändert – auch die Zahl der Parkplätze zunehmen. Nicht nur der Flughafen ist nach Ansicht von Hart attraktiv für solche Angebote, sondern auch Einkaufszentren oder Wohnanlagen.

Daimler plant derweil die Funktion in weiteren Modellreihen anzubieten. Erfahrung mit vollautomatisiertem Einparken hat Daimler bereits in Parkgaragen bei der chinesischen Tochter in Peking und im firmeneigenen Museum in Stuttgart gesammelt.