Wenn man auf die Umfragen derzeit blickt, erscheint das reichlich optimistisch.
Wieso? Es wäre doch wirklich eine Option, den Wählern eine Möglichkeit zu skizzieren, wie sie die beiden Parteien, die in dieser Stadt seit 50 Jahren mitregieren, für eine Weile in die Opposition schicken könnten. Und alle drei kleinen Parteien waren in den Umfragen zwischenzeitlich mal bei Prozentzahlen, die das möglich machen würden.

Wie hat sich Ihre Partei verändert in der Zeit, seit Sie versuchen „wirkmächtig“ zu werden?
Es gibt zwei gegenläufige Entwicklungen: Seither sind sehr viele Leute in die Partei eingetreten, die vielleicht eine ganz andere Vorstellung von Politik haben als die Leute, die zu diesem Zeitpunkt in die Parlamente gewählt worden waren. Die Partei ist eher puristischer, also mehr so, wie sie 2009 war, während die Abgeordneten versuchen Piratenpolitik weiterzudenken mit den Anforderungen des Parlamentarismus abzugleichen.

Was haben die Piraten seither am System verändert?
Dafür, dass wir als kleine Oppositionspartei zum ersten Mal in vier Landesparlamenten sitzen, meiner Meinung nach ziemlich viel. Die Grünen zum Beispiel haben doch jetzt nicht deshalb eine Urwahl ihrer Spitzenkandidaten veranstaltet, weil sie sich nicht einigen konnten, sondern weil sie glauben, bei der entstandenen öffentlichen Stimmung kommt so eine Urwahl gut an. Im Landkreis Friesland ist vor einer Woche das Bürgerbeteiligungsinstrument Liquid Friesland gestartet, das ist für uns ein wahnsinniger Erfolg. Auch im Berliner Bezirk Mitte wird dieses Instrument jetzt eingeführt. Und Klaus Wowereit würde sich sonst auch nicht für ein flächendeckendes W-lan in Berlin einsetzen.

Das haben alles die Piraten geschafft?
Man ist sich relativ schnell einig, was die Piraten alles falsch und schlecht machen. Und die Dinge, die wir bewirkt haben, werden angezweifelt. Anscheinend haben sich die Medien ja ein klares Urteil über die Partei gebildet.

Fühlen Sie sich ungerecht behandelt?
Sagen wir, es hat ein Beleuchtungswechsel stattgefunden. Erst gab es einen Hype um uns. Wir wurden zu allem möglichen befragt. Sagen Sie was zu Herrn Döring, sagen Sie mal was zu Herrn Wulff, wie finden Sie dies, wie finden Sie das. Jetzt werden wir nur noch über Personalien wahrgenommen. Nehmen Sie das Beispiel der Nebeneinkünfte von Politikern – das ist gerade ein Riesenthema, zu dem wir aber nicht gehört werden. Und dann wirft man uns vor, wir hätten uns nicht richtig in die Debatte eingeklinkt. Wenn dasselbe Thema vor einem Jahr hochgekocht wäre, hätten die Medien uns ständig angerufen und eingeladen und befragt.