Die Promifrau der Piratenpartei und Kritikerin des Urheberrechts Julia Schramm macht Geld mit einem Roman. In dieser Scheinbiografie vermarktet sie sich selbst – und bekommt dafür Ärger.

Berlin - Mit dem Shitstorm hat Julia Schramm Erfahrung. Die 27-jährige Piraten-Politikerin aus der zweiten Reihe provoziert und polarisiert regelmäßig im Internet – und dann fällt die sogenannte Web-Gemeinde mit einer riesigen Empörungswelle über Schramm her.

 

Das ist anstrengend, schadet aber nicht nur. Ohne die Welle, das ist klar, wäre aus dieser jungen, netzaffinen Frau gar nicht erst so etwas wie ein Web-Promi geworden. Und ohne diesen Promistatus hätte sich wahrscheinlich kein normaler Buchverlag gefunden, der immer noch sehr altmodisch Wörter auf totem Holz abdruckt und für dieses Produkt namens Buch einen Preis verlangt, von dem der Autor – oder die Autorin – leben kann. Und vor allem hätte kein Verlag der bis dahin unbekannten Autorin Schramm einen Vorschuss bezahlt, der angeblich nicht allzu weit weg liegt von 100 000 Euro – die Autorin nennt keine Summe, dementiert den Betrag aber nicht und hat stets von guter Bezahlung gesprochen .

Nun ist das Werk da, es trägt den schlüpfrigen Titel „Klick mich – Bekenntnisse einer Internetexhibitionistin“ und wirkt mit der Silhouette einer jungen Frau im Minirock auf dem Cover eher billig. Schramm bezeichnet sich im Klappentext selbst als „Provokateurin, Privilegienmuschi und Feministin“. Zu lesen ist eine scheinbiografische, teilfiktive Collage aus Szenen im Leben einer jungen Frau, die sich in Form mehrerer Identitäten wahrnimmt. Der Verlag hat sich vielleicht tatsächlich ein Buch erwartet, das endlich Auskunft gibt über das Phänomen der sogenannten Netzgemeinde, über die Wirklichkeit der Digital Natives, der Generation derer, die von sich sagen, sie seien im Internet geboren. Vielleicht hat er mitten im Hype um die Partei auch eher mit guter Werbung als mit hohen Verkaufszahlen gerechnet. Und vielleicht gehört zu dieser Werbung auch der leicht bizarre Streit über das Urheberrecht, der in dieser Woche mit Erscheinen des Buchs entstanden ist.

Eine Verfechterin der Urheberrechtsreform

Denn Schramm gehört zu den profilierten Verfechtern einer radikalen Urheberrechtsreform, sie kämpft für kostenlose Privatkopien und gegen eben jene „Verwertungsindustrie“, von deren Honorar sie derzeit komfortabel lebt. Den Begriff des geistigen Eigentums hat sie in einem Podcast als „ekelhaft“ bezeichnet. Und wenn man mit ihr im Café sitzt und über dieses Thema plaudert, dann kann sie sich richtig in Rage reden. Dann sagt sie Sätze wie: „Illegaler Download ist für mich nichts als Notwehr.“ Was Schramm allerdings nicht daran hindert, das Vorgehen ihres Verlags gegen illegale Kopien im Netz zu unterstützen. Als die erste Kopie Anfang der Woche auftauchte, ließ der Verlag sie sperren.

Schramm weist darauf hin, dass Privatnutzer beim ersten Versuch kostenlos abgemahnt werden und erst bei weiteren Versuchen Post vom Anwalt bekommen. Den Sturm der Entrüstung nicht nur im Netz kann man sich vorstellen – die „Bild“-Zeitung schrieb von der „Gier-Piratin“, aus der Piratenpartei, in deren Bundesvorstand Schramm sitzt, kamen zeitweise Rücktrittsforderungen, weil die Autorin den politischen Zielen der Piraten schade. Verteidigt wurde Schramm vom Geschäftsführer der Partei, Johannes Ponader, der äußerte, es sei legitim, dass die Autorin von der geltenden Rechtslage profitiere. Immer noch wird im sozialen Netzwerk Twitter heftig über „Klick mich“ gestritten.

Das Netz ist eben ungnädig, es vergisst nicht – auch nicht, wenn jemand seine Meinung ändert, was ja in der Politik keine Seltenheit ist.