Die Verteidiger sehen keinen objektiven Tatbeitrag der Angeklagten.

Stuttgart - In dem Strafprozess gegen das frühere RAF-Mitglied Verena Becker haben deren Verteidiger vor dem Oberlandesgericht Stuttgart am Dienstag Freispruch gefordert. Becker muss sich wegen des Vorwurfs verantworten, 1977 an dem Anschlag gegen den damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback beteiligt gewesen zu sein. Die beiden Verteidiger Hans Wolfgang Euler und Walter Venedey argumentierten, Becker sei im strafrechtlichen Sinne nicht schuldig. Es gebe keinen „objektiven Tatbeitrag“ von ihr.

 

Nur vorsorglich, für den Fall, dass das Gericht zu einer anderen Überzeugung kommen sollte, forderten die Anwälte für ihre Mandantin eine Freiheitsstrafe unter zwei Jahren, die zur Bewährung auszusetzen sei. Dabei berücksichtigten sie, dass bei Becker wegen einer bereits verbüßten lebenslangen Freiheitsstrafe ein „Härteausgleich“ vorzunehmen ist. Die Bundesanwaltschaft hatte wegen Beihilfe zum Mord eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren gefordert, die wegen des „Härteausgleichs“ auf zweieinhalb Jahre reduziert werden solle. Eine solche Strafe kann nicht zur Bewährung ausgesetzt werden.

Bei der Darstellung des äußeren Tatgeschehens folgten die Verteidiger insgesamt der Argumentation der Bundesanwaltschaft. Auch die Bundesanwälte sind – im Gegensatz zu den Nebenklägern – davon ausgegangen, dass Becker an dem Mordanschlag am 7. April 1977 nicht unmittelbar beteiligt war. Dass Becker seinerzeit Mitglied der linksterroristischen RAF war und den Anschlag auf Buback grundsätzlich gebilligt hatte, hat sie in der Verhandlung eingeräumt. Entscheidend für die strafrechtliche Schuld ist deshalb, welche Rolle sie bei einem Treffen der RAF gespielt hatte, auf dem der Anschlag von allen Mitgliedern gebilligt worden war.

Die Bundesanwaltschaft ging von einer herausragenden Rolle Beckers in der Terrorgruppe aus; sie habe Zögernde zum Anschlag motiviert. Die Verteidiger bestritten eine führende Rolle und vertraten die Auffassung, kein RAF-Mitglied habe damals zum Anschlag überredet werden müssen. Massive Zweifel äußerten die Verteidiger an der Glaubwürdigkeit des Belastungszeugen Peter-Jürgen Boock, auf den die Bundesanwaltschaft entscheidende Punkte ihrer Anklage stützt. Heftige Kritik übten die Verteidiger an den Nebenklägern, insbesondere an Michael Buback, dem Sohn des Opfers. Dessen Argumentation, Becker sei die Schützin gewesen, sei widerlegt.