Bei einer SPD-Veranstaltung zu den Plänen für das geplante Wohngebiet Neckarpark fordert der ehemalige Baubürgermeister Matthias Hahn dazu, großen Wert auf die richtige Mischung bei den unterschiedlichen Wohnungsarten zu legen. Auch die Infrastruktur müsse stimmen.

Bad Cannstatt - Das geplante Wohngebiet Neckarpark stößt auf breites Interesse. Bei der Veranstaltung des SDP-Ortsvereins zum Thema „Wohnen und Architektur“ auf dem einstigen Güterbahnhofgelände waren im Pförtnerhäusle nurmehr Stehplätze an der Tür zu haben. Für den Ortsvereinsvorsitzenden Michael Reisser spiegelte sich darin „eine breite Identifikation im Bestandsgebiet mit dem künftigen, angrenzenden Wohngebiet“, wie sie auch schon die intensive Bürgerbeteiligung gezeigt habe.

 

Bürger waren die größten Helfer, um Ikea zu verhindern

Intensiv wurde es auch an diesem Abend. Dafür sorgte nicht zuletzt Matthias Hahn, der vor Jahresfrist in den Ruhestand gegangene, langjährige Baubürgermeister der Stadt. Der Cannstatter hatte das Projekt von Beginn an begleitet. In seiner betont ruhigen Art skizzierte er zunächst die wechselhafte Entstehungsgeschichte, die ihren Ausgangspunkt in der dann gescheiterten Bewerbung als Olympiastadt im Jahr 2003 hatte: Auf dem Areal sollte das Olympische Dorf entstehen. Die Idee, hier danach ein neues Wohnquartier zu gestalten, sei „lang mit viel Skepsis“ bedacht worden. „Ein letzter großer Schlag gegen das Projekt war der Versuch, auf dem Areal Ikea anzusiedeln“, so Hahn. In dessen Abwehr seien „die Bürger die größten Helfer gewesen. Ab dieser Zeit waren die Querschüsse weg.“

Dann legte Hahn den Finger auf die kritischen Punkte der im Schwange befindlichen Planung – und stellte dem einen Merksatz voraus: „Ein Wohngebiet ist nie ein Geldbringer!“ Nun, da der Baubeschluss für das erste Drittel des städtischen Areals unmittelbar bevorstehe, gelte es, „sehr genau hinzuschauen“: hinsichtlich öffentlicher Infrastruktur, der Qualität der Architektur, Wohnungsgrößen, Höhen der Gebäude, Dichte der Bebauung – und vor allem hinsichtlich der Mischung des Quartiers, das insgesamt Wohnraum für bis zu 4000 Bewohner hergebe. Unabdingbar sei, am Konzeptverfahren festzuhalten: „Nicht der erzielbare Preis, sondern das Konzept muss bei der Vergabe von Flächen den Ausschlag geben.“ Daran hänge auch das große Thema: „Wie erhalten wir einen guten Mix als Basis für ein lebendiges Wohngebiet? Diesen Anspruch, in Verbindung mit einer guten Qualität der Bauten, müssen wir unbedingt aufrecht erhalten.“

Verantwortung für die richtige Mischung liegt bei der Stadt

Kritisch sieht Hahn den gegenüber dem ersten Ansatz bereits verdoppelten Anteil mit 30 Prozent an Sozialwohnungen: „Ich bin sehr für Sozialwohnungen. Aber wir müssen die Mischung beachten und dürfen uns nicht zu Sklaven von Zahlen machen, auch wenn die Stadt da unter großem Druck steht.“ Man müsse auch die Wohnbaugenossenschaften in der Stadt und „anklopfende Baugemeinschaften rein ins Geschäft holen“. Mahnend meinte Hahn: „Sonst verspielen wir hier eine große Chance. Die Stadt hat das in der Hand, bei ihr liegt die Verantwortung.“

Just das betonten auch die zahlreichen Diskussionsbeiträge. Eine Teilnehmerin bestand darauf, „auch bezahlbare Eigentumswohnungen zu schaffen und Bauherrenmodelle zuzulassen, denn der Mix wird entscheiden, welche Entwicklung das Gebiet nehmen kann“. Begrüßt wurde, dass durch eine Riegelbebauung am Südrand Lärmschutz auch für den Veielbrunnen entstehe. Es müsse aber darauf geachtet werden, das Erdgeschoss höher zu bauen, als Basis für variable Nutzungen und fürs Entstehen von Urbanität. Alarmiert zeigte sich Stadträtin Marita Gröger, dass das Deutsche Rote Kreuz seine Fläche anscheinend verkaufen will: „Wir müssen Himmel und Hölle in Bewegung setzen, dass das nicht irgendwie vermarktet wird.“

Die Debatte spiegelte sich auch in den fünf Punkten des Positionspapiers der Orts-SPD, die Michael Reisser vortrug: Vergabe nach qualitativen Kriterien, Riegelbebauung an Mercedes- und Daimlerstraße als Lärmschutz, öffentliche Einrichtungen und Flächen für die Bürgerschaft, verbesserte Anbindung an den öffentlichen Verkehr und nicht zuletzt die „Vergabe in möglichst kleinen Einheiten, um einen heterogenen Bauherren-Mix zu erreichen“. „Sonst“, so brachte es Matthias Hahn auf den Punkt, „sonst kann das hier richtig schiefgehen.“