Mit dem Vorschlag, zur Lösung der Flüchtlingskrise ein eigenes EU-Grenzschutzkorps zu gründen, hat das Endspiel um den Erhalt des freien Schengenraums begonnen, kommentiert der Brüsseler StZ-Korrespondent Christopher Ziedler.

Brüssel - Die Reisefreiheit im Innern, eine der großen Errungenschaften Europas, steht auf der Kippe. Seit Monaten warnen und drohen Kanzlerin Angela Merkel und ihr Innenminister Thomas de Maizière, dass ohne ordentliche Grenzsicherung, Registrierung und Verteilung von Flüchtlingen das Schengener Abkommen offener Grenzen nicht lange überleben wird. Schon jetzt haben neben Deutschland eine Reihe weiterer EU-Staaten vorübergehend wieder Passkontrollen eingeführt.

 

Dass es dabei nicht bleiben muss, hat das Treffen der EU-Innenminister in der Vorwoche gezeigt. Diskutiert wurde dort darüber, die Grenzkontrollen auf bis zu zwei Jahre auszudehnen. Die Bundesregierung sah darin einen willkommenen Warnschuss in Richtung jener Staaten, deren Kooperation in der Flüchtlingskrise bisher nicht Berlins Vorstellungen entsprach. In den Ländern des früheren Warschauer Paktes steht Schengen für die wiedergewonnene Freiheit. Auch für Griechenland, dessen Regierung den Ansturm etwa auf der Insel Lesbos nicht bewältigen kann, aber auch nicht alle verfügbare Hilfe annimmt, zögen Grenzschließungen mehr im Land bleibende Flüchtlinge nach sich.

Ein tiefer Eingriff in die nationale Souveränität

Mit dem Plan für ein EU-Grenzschutzkorps samt hoheitlicher Aufgaben – maßgeblich von der Bundesregierung angestoßen – wird der Einsatz erneut erhöht. Nur ein Eingriff in die nationale Souveränität, wie es ihn in der klassischen Innenpolitik noch nie gab, kann demnach sichere Grenzen garantieren und Schengen erhalten. Dass sich Berlin für solche Pläne stark macht, die an die Eurokrise erinnern, dürfte noch ungute Reaktionen auslösen – etwa in Athen. Es zeigt aber den Ernst der Lage.

Einmal mehr ist das Konstrukt Europäische Union an einen Punkt gelangt, an dem es nur mit Zwang zu Lösungen zu kommen scheint. Der wiederum entfernt die EU-Bürger immer weiter von der EU. Das Endspiel um den Erhalt des Schengenraums hat begonnen – mit ungewissem Ausgang.