Um kaum ein Vorhaben wurde in Ludwigsburg länger und härter gerungen als um die Erweiterung des XXXL-Möbelhauses im Norden der Stadt. Jetzt wird es ernst – und viele fürchten den Verkehrskollaps auf der Bundesstraße 27.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Sechs Jahre sind vergangen, seit der Gemeinderat Ja gesagt hat. Ja zum Ausbau des XXXLutz-Möbelhauses im Ludwigsburger Norden und Ja zu den Plänen, die Verkaufsfläche von 15 000 auf rund 25 000 Quadratmeter zu vergrößern. „Freie Fahrt für XXXLutz“, titelte unsere Zeitung damals, und wohl niemand hätte zu diesem Zeitpunkt erwartet, dass es bis Ende 2019 dauern würde, bis dann doch endlich wieder ein Fortschritt zu erkennen ist. „Gefühlt seit 48 Jahre reden wir über dieses Projekt“, sagte der Freie-Wähler-Stadtrat Andreas Rothacker am Donnerstagabend im Stadtentwicklungs-Ausschuss, und so ganz unrecht hat er damit nicht. Denn begonnen hat die Debatte nicht erst 2013, sondern schon kurz nach der Jahrtausendwende. „Manchmal dauern solche Verfahren leider sehr lange“, sagte die Bürgermeisterin Gabriele Nießen, und das klingt ziemlich untertrieben.

 

XXXLutz will in Ludwigsburg „modernsten Ladenbau“ umsetzen

Jetzt also sieht es tatsächlich danach aus, dass bald die Bagger anrücken können. Der Ausschuss hat mit großer Mehrheit den Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan abgesegnet, und damit sollte nun wirklich der Weg frei sein. Man sei „an einer möglichst schnellen Umsetzung des Projektes interessiert“, erklärte das Unternehmen am Freitag, und verfolge das „Vorhaben entsprechend intensiv“. Einen konkreten Zeitplan nennt die österreichische Einrichtungshauskette nicht. Was wohl ebenfalls der schwierigen und langwierigen Vorgeschichte geschuldet ist.

Die Planung sieht vor, das Möbelhaus mit einem Anbau zu versehen, auch die Lagerflächen und die vorhandene Tiefgarage sollen deutlich erweitert werden. XXXLutz hat in der Vergangenheit stets betont, dass all dies zwingend notwendig sei, um sich gegen die starke Konkurrenz in der Region zu behaupten.

Die Stadt unterstützt die Planungen – aber viele Stadträte sind skeptisch

Mit bald 25 000 Quadratmetern rückt das Möbelhaus zumindest in die Nähe von Möbel Rieger in Esslingen mit 36 000 Quadratmetern, XXXL Gamerdinger in Böblingen mit 32 000 Quadratmetern und den Häusern im unmittelbaren Umfeld: Hofmeister in Bietigheim-Bissingen mit mehr als 50 000 Quadratmetern und Ikea im Ludwigsburger Norden mit mehr als 32 000 Quadratmetern. Zur Höhe des Investments schweigt der Konzern., nicht aber zu seinen Zielen. „Wir investieren, weil der Standort gerade in diesem Umfeld bereits überaus erfolgreich ist“, sagt der Unternehmenssprecher Volker Michels. Im Fokus stehe „eine nochmals größere Sortiments- und Markenauswahl“ sowie eine „Steigerung hinsichtlich moderner Wohnbilder und Einrichtungsinspirationen“. In Ludwigsburg werde modernster Ladenbau umgesetzt. Außen soll das heute wenig attraktive Gebäude mitsamt dem Anbau zumindest mit einer neuen Fassade aufgehübscht werden.

Die Stadt hat die Pläne von Anfang an unterstützt. Denn damit, so steht es in einer Analyse, werde für Ludwigsburg im Warensegment Möbel „eine Versorgung auf hohem Niveau sichergestellt“ und der Standort dauerhaft gesichert. Daran lag es also nicht, dass sich das Verfahren so lange zog. Eher daran, dass die Situation vor Ort „eben äußerst komplex ist“, so der Chef-Stadtplaner Martin Kurt. Das Gebiet ist von reichlich Flora und Fauna umgeben, unter anderem siedeln dort geschützte Amphibien. Dafür mussten Ausgleichsflächen gefunden werden. Neun Bäume werden für den Anbau abgeholzt, aber XXXLutz hat sich verpflichtet, im Gegenzug 33 Bäume neu zu pflanzen. Auch stand der Expansion lange ein Autohaus im Weg, das aber inzwischen verlegt wurde. Ein ebenfalls störendes Schützenhaus wird weiter nördlich neu gebaut.

Droht ein Dauerstau auf der B 27?

Die meisten Debatten in den städtischen Gremien kreisten indes, wie so oft, um den Autoverkehr. Das Möbelhaus steht direkt an der stark befahrenen B 27 zwischen der Innenstadt und der Autobahn, schon heute bilden sich dort regelmäßig lange Staus. Weil die Zufahrt zu den Parkplätzen bislang nur über einen kleinen Umweg möglich ist, will XXXLutz direkt vor dem Gebäude eine weitere Zufahrt anlegen, über die auch der Lieferverkehr abgewickelt werden soll. Mehrere Anwohner und auch Teile des Gemeinderats befürchten, dass der Verkehr auf der Bundesstraße vollends kollabiert, wenn dort eine weitere Ampel installiert wird. Die Stadt teilt diese Sorge offenbar nicht. Man habe in mehreren Untersuchungen und in einem Probebetrieb nachgewiesen, dass der zusätzliche Abzweig keine negativen Auswirkungen auf den Verkehrsfluss auf der B 27 haben werde, sagte Kurt am Donnerstag. Auch dazu hatte Andreas Rothacker ein Bonmot parat: „Prognosen sind das eine“, sagte er. „Ob das aber wirklich funktioniert, werden wir wohl erst in der Praxis feststellen.“