Bis Frühjahr 2021 sollen die städtische Tochter und die Firma Stuttgart Netze in Gaisburg beim Gaswerk einen Interimsstandort bekommen. Wo sie am Ende bleiben und was ansonsten auf den EnBW-Arealen am Neckar geschieht, will man jetzt ausloten.

Stuttgart - Noch im März wollen die Städtebaubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) und Wirtschaftsbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) zu den EnBW-Liegenschaften in Berg und Gaisburg eine Beschlussvorlage vorlegen. Tenor: Stadt und EnBW bestimmen für die Stadtwerke Stuttgart und das gemeinsame Unternehmen Stuttgart Netze einen Interimsstandort, vermutlich in der Nähe des Gaskessels. Sodann wird mit einem städtebaulichen Wettbewerb noch in diesem Jahr die künftige Verwendung der Grundstücke sondiert. Danach wird sich herauskristallisieren, was aus den Visionen werden kann, die manche Gemeinderatsfraktionen mit den EnBW-Arealen entlang der Uferstraße B 10 verbinden.

 

Dass dort Wohnungen und Büros entstehen, die Stadtwerke und Stuttgart Netze irgendwo dauerhaft ihren Sitz haben werden und dafür die Bundesstraße 10/14 verlegt und überdeckelt wird, scheint ziemlich klar zu sein. Aber werden dort auch Kultureinrichtungen entstehen? Wird es dort gar einmal eine Philharmonie mit Terrasse zum Neckar geben, wie sich die CDU das vorstellte? „Wir haben dieser Idee nicht abgeschworen“, sagt CDU-Fraktionschef Alexander Kotz, „ich bin aber auch Realist“. Will heißen: Die anderen Fraktionen möchten den angepeilten Konzerthausbau lieber in der Innenstadt verwirklichen. In einem gemeinsamen Antrag fordern alle Fraktionen und Fraktionsgemeinschaften außer Linksbündnis und AfD, dass die Suche nach einem Interimsstandort forciert und ein städtebaulicher Wettbewerb ausgelobt wird: für alle Flächen zwischen Mineralbad Leuze und Gaisburger Brücke, die die EnBW nicht dauerhaft benötigt, beidseits der B10/14.

Seit einem Jahr schon gibt es eine Machbarkeitsstudie

Das geschieht genau ein Jahr nach der Präsentation einer Studie, mit der das Ingenieurbüro Karajan untersucht hatte, ob und wie die B 10/14 verlegt und überdeckelt oder in einen Tunnel gelegt werden könnte, um die Flächen neu zu ordnen und Wohnungen in attraktiver, flussnaher Lage schaffen zu können – Stichwort: Stadt am Fluss. Das Ergebnis war, dass neben Bürobauten, die als Lärmschutzriegel fungieren könnten, bis zu 2500 Wohnungen für etwa 5000 bis 7000 Menschen denkbar wären. Für die Bundesstraße wurden unterschiedliche Trassen untersucht mit Verschwenkungen und Kurven vom Neckar weg in Richtung Park der Villa Berg.

Eine zentrale Rolle spielt das Wasserwerk beim Berger Tunnel. Es gehört zu den Grundstücksbereichen, aus denen sich die EnBW zurückziehen wird, und ist zu Teilen Kulturdenkmal. Dort könne man Betrieb und Verwaltung der Stadtwerke und der Stuttgart Netze ansiedeln, hatte die Stadtverwaltung vor mehr als einem Jahr vorgeschlagen. Ginge es nach Bürgermeister Fuhrmann, würde man dies auch jetzt in die Beschlussvorlage so aufnehmen – doch die Gemeinderatsfraktionen wollen sich hier weiterhin eine andere Nutzung offenhalten.

Was wird aus dem Wasserwerk?

Bereits im Februar 2019 hatten etliche Fraktionen diese Lösung abgelehnt. Das lag einerseits daran, dass der Gutachter davon gesprochen hatte, über dem Denkmal ein Parkdeck mit 465 Stellplätzen zu errichten. Andererseits hielten manche Stadträte im Wasserwerk eine Kulturnutzung für wünschenswert. Also suchte die Verwaltung im Stadtgebiet erneut einen Alternativstandort für die Stadtwerke – aber ohne Erfolg. Am Ende, nämlich nach dem Wettbewerb, könnte das Wasserwerk erneut für die Stadtwerke in Betracht kommen, meint Fuhrmann, weil hier verhältnismäßig viel Lärm vom Festgelände Cannstatter Wasen ankommt und Wohnen problematisch erscheint.

Inzwischen drängt die Zeit für die Verlegung des Firmensitzes der Stuttgart Netze und des Stadtwerke-Betriebs. Die EnBW will ihr Gelände am Stöckach im Stuttgarter Osten als Wohnungsstandort und Smart City entwickeln. Daher sollten die Betriebseinrichtungen eigentlich bis Ende November 2020 an die Uferstraße verlegt sein. Das werde nicht ganz reichen, gibt Fuhrmann zu, bis Frühjahr 2021 aber müsse man den neuen Interimssitz mit Modulbauten hinkriegen. Eine Arbeitsgruppe von Stadtwerken und EnBW soll den genauen Standort ausloten und klären, wie bestehende Büros und eine Kantine der EnBW in Gaisburg genutzt werden können. Fünf bis sechs Jahre werde man den Interimssitz vielleicht brauchen, sagt Fuhrmann. Ihn trieb auch die Sorge um, dass der Interimsstandort nicht dort liegen wird, wo die Teilnehmer des Wettbewerbs die dauerhafte Zentrale von Stadtwerken und Stuttgart Netze empfehlen. Sonst müsste für deren Neubau die Interimszentrale in ein anderes Provisorium verlegt werden.