Ditzingen hat ein Problem mit den Ratten der Lüfte, auch in Gerlingen beschäftigen die Vögel die Bürger. Ihnen Herr zu werden, ist schwierig.

Strohgäu - Auf dem ehemaligen Baumarktgelände in Gerlingen fühlen sich die Tauben sichtlich wohl. Das Gebäude ist leer, seit Praktiker im Jahr 2013 zumachte. Die Tiere sitzen dort geschützt, der Futterplatz ist mit den nahen Feldern nicht weit. Der Bürgermeister Georg Brenner erklärte vor rund zwei Wochen auf eine besorgte Anfrage im Gemeinderat, dass man das Thema im Blick habe, eine Gesundheitsgefährdung aber nicht bestünde. Auf dem Baumarktgelände ist ein Nachfolger nicht in Sicht, es tut sich nichts. Beste Voraussetzung also für die Tauben. „Wir sind bisher noch nicht überzeugt, dass in Gerlingen ein Taubenhaus aufgestellt werden muss“, sagte Brenner im Gemeinderat.

 

Diese Frage haben die Ditzinger für sich bereits vor einiger Zeit anders beantwortet. Dort entschied der Gemeinderat nach langer – und zum Teil auch hitziger – Diskussion, für viel Geld einen Taubenturm aufzustellen. „Die Baugenehmigung fehlt noch“, sagt der Rathaussprecher Guido Braun über den Planungsstand. Im Frühjahr, so Braun weiter, solle der Taubenturm realisiert werden.

Ditzingen ist nicht Venedig

So groß ist die Taubenplage nicht, dass sich die Große Kreisstadt deshalb mit Venedig messen müsste. Doch inzwischen gibt es dort so viele Stadttauben, dass die Räte die Plage eindämmen wollen. Denn der Taubenkot zerstört vor allem am westlichen Ortsrand Photovoltaikanlagen und Zisternen. Die Tiere haben zudem keinen Grund, sich eine neue Heimat zu suchen: Sie finden in Dachbegrünungen genügend Futter. Weil sie standorttreu sind, blieben sie auch, als die Freiflächen bebaut wurden.

Ideen, den Tauben Herr zu werden, gab es genug. Neben dem Taubenturm – kostet er doch mehrere zehntausend Euro – erwogen die Stadträte auch, die Tauben von einem Greifvogel jagen zu lassen. Eine Idee, die sich in der Stadt freilich nicht umsetzen ließ: Im besiedelten Gebiet ist die Jagd gesetzlich verboten. Tatsächlich werden ausgebildete Falken eingesetzt, um Tauben zu vergrämen. Sowohl der Maschinenbauer Trumpf in Ditzingen als auch der Flughafen Stuttgart nutzten nach eigenen Angaben einige Zeit lang diese Möglichkeit.

Gipseier gegen echte Eier

Um der Taubenplage Herr zu werden, setzten Ornithologen allerdings auf ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Eine davon ist, die Eier der Tauben gegen Gipseier auszutauschen. Dafür aber müssen die Tiere einen Nistplatz haben, zu dem sie durch Futter angelockt werden. Eine solche Möglichkeit wollen die Ditzinger in diesem Jahr mit dem Taubenturm in der Hirschlander Straße schaffen.

Anwohner des ehemaligen Praktiker-Areals in Gerlingen könnten sich dies ebenfalls vorstellen. An dem Gebäude werden regelmäßig 20, 30 Tauben gezählt. Eine Anwohnerin füttert sie zwar auf dem Privatgrundstück auch – was unter Fachleuten umstritten und im öffentlichen Raum vielerorts verboten ist. Aber sie macht zugleich darauf aufmerksam, dass die Tiere nur deshalb kämen, weil sie vor einigen Jahren entlang der B 295 verjagt worden seien und es bisher kein Taubenhaus gebe. Zwischen den Stuttgarter Stadtteilen Weilimdorf und Feuerbach hätten sie unter mehreren Brücken gelebt. Tatsächlich gibt es inzwischen auch im Weilimdorfer Löwenmarkt ein massives Taubenproblem. Der Bezirksbeirat hatte sich erst im November mit dem Thema befasst.