Die Hochschule hat die Doktorarbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg genau geprüft. Doch dürfen die Ergebnisse veröffentlicht werden?    

Stuttgart  - Als hätte es noch eines Beweises bedurft, dass in der Plagiatsaffäre viel Porzellan zerschlagen worden ist: nun geht es sowohl der Universität Bayreuth als auch Karl-Theodor zu Guttenberg um die Ehre. Die Hochschule will zeigen, wie sie ausgetrickst wurde, und der Exverteidigungsminister findet offenbar, dass sein Rücktritt Strafe genug war. Eine gemeinsame Position, die den Schaden begrenzen könnte, ist nicht zu erwarten. Für beide Seiten steht zu viel auf dem Spiel.

 

Manche Beobachter glauben, dass zu Guttenberg seinen Rücktritt hätte vermeiden können, wenn er seine Fehler frühzeitig offengelegt hätte. Hätte er nicht tagelang davon gesprochen, bei den Fußnoten ein wenig durcheinandergekommen zu sein, hätte man ihm womöglich verziehen - so lautet zumindest das Was-wäre-wenn-Szenario. Doch die Beweislage ist erdrückend: das Internetprojekt Guttenplag hat 1218 Passagen ohne Zitatangabe gezählt, die aus 135 fremden Texten stammen. Die Doktorarbeit ähnelt damit einer Collage.

Nach Ansicht von Juristen ist in Gerichtsverfahren nicht unüblich, angesichts der Menge der Plagiatsstellen auf einen Vorsatz zu schließen. Auch fachfremde Wissenschaftler sehen das so: Als die Universität Bayreuth Guttenberg am 23. Februar den Doktortitel aberkannte, ohne zur Frage Stellung zu nehmen, ob der Minister getäuscht habe, setzte der Bonner Mathematiker Matthias Kreck mit einigen Kollegen einen Appell auf, der inzwischen von mehr als 3000 Hochschullehrern unterschrieben worden ist. "Es fällt schwer, nicht an eine umfängliche vorsätzliche Täuschung zu glauben", heißt es darin.

Guttenberg räumt nur mangelnde Sorgfalt ein

Von diesem Vorwurf möchte sich die Hochschulleitung in Bayreuth nun befreien. Eine umfassende Information sei "von besonderer Bedeutung für die Bewertung von wissenschaftlichem Fehlverhalten im Wissenschaftssystem", lässt sie schriftlich verbreiten. Mit anderen Worten: die Öffentlichkeit soll sehen, dass Betrug in der Wissenschaft ernst genommen und klar geahndet wird.

Für den Präsidenten des Deutschen Hochschulverbandes, Bernhard Kempen, geht es sogar um mehr: "In Rede steht nicht mehr und nicht weniger als das Promotionsrecht der Universität", schreibt er im Verbandsmagazin "Forschung & Lehre". Was ist ein Doktortitel schon wert, argumentiert er, wenn er durch Abschreiben erworben werden - und dann sogar die Bestnote erhalten kann.

Aus Sicht von Guttenbergs Anwalt muss aber eine schriftliche Stellungnahme an die Universität genügen. Darin habe Guttenberg schlüssig belegt, dass er nicht bewusst getäuscht habe, sagte Alexander Graf von Kalckreuth der "Bild am Sonntag". Der Exminister räume nur mangelnde Sorgfalt beim Schreiben der Dissertation ein. Und wenn die Selbstkontrollkommission der Hochschule, wie verschiedene Medien bereits vorab berichten, zu einem anderen Ergebnis kommen sollte?

Mehr als hundert Strafanzeigen

Die Hochschulleitung will diesen Bericht veröffentlichen - aber nur, wenn Guttenberg seine zuvor schriftlich geäußerten "Vorbehalte" zurücknimmt. Ob er das tun wird, lässt sein Anwalt offen. Das sei nicht abschließend entschieden, sagt Kalckreuth und verweist auf das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Hof. "Auch deren Ergebnis gilt es abzuwarten."

Bei der Staatsanwaltschaft sind mehr als hundert Strafanzeigen eingegangen. Doch nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" könnten die Ermittlungen eingestellt werden, wenn sich Guttenberg beispielsweise bei den Autoren entschuldigt, von denen er abgeschrieben hat. Keiner dieser Autoren hat Anzeige erstattet.

Die Universität beruft sich nun darauf, dass Guttenberg seine Unterstützung bei der Aufklärung angekündigt hat. Noch in seiner Rücktrittsrede am 1. März hatte er gesagt: "Angesichts massiver Vorwürfe bezüglich meiner Glaubwürdigkeit ist mir auch ein aufrichtiges Anliegen, mich an der Klärung der Fragen hinsichtlich meiner Dissertation zu beteiligen."