Geht es nach Oberbürgermeister Schuster, wird das Planetarium nach Bad Cannstatt verlegt. Dort soll auch das Science-Center entstehen.

Stuttgart - Für Wolfgang Schuster wäre die Entscheidung eigentlich ganz einfach: „Unser altes Planetarium ist technisch nicht mehr auf dem neuesten Stand. Außerdem gerät sein Standort im Mittleren Schlossgarten wegen der Bauarbeiten für Stuttgart 21 mehr und mehr in Bedrängnis. Deshalb spricht alles für einen Neubau im geplanten Wissens- und Mobilitätszentrum in Bad Cannstatt.“ Mit diesem knappen Fazit und einer detaillierten Beschlussvorlage geht der Oberbürgermeister bereits in der kommenden Woche in die gemeinderätlichen Gremien. Bereits am 1. Dezember soll die Vollversammlung die kommunalpolitischen Weichen für die Zukunft des Planetariums stellen.

 

Vor der Presse hat Wolfgang Schuster am Dienstag die Ausgangslage skizziert: „Der Gemeinderat hat das Bürgermeisteramt im vergangenen Juli aufgefordert, alle denkbaren Varianten zu bedenken und durchzurechnen.“ Dies habe der Projektentwickler Drees & Sommer im Auftrag der Stadt nun getan. Seine Varianten lauten: die Sanierung und Modernisierung des Planetariums am alten Standort würde mehr als neun Millionen Euro kosten, gerechnet auf zehn Jahre – die Zuschüsse zum laufenden Betrieb eingerechnet –, und würde den städtischen Haushalt in den nächsten zehn Jahren mit rund 20 Millionen Euro belasten. Vergleichbar hoch, so Drees & Sommer, läge die Belastung, wenn die Stadt an der Mercedesstraße ein völlig eigenständiges, neues Planetarium errichten ließe.

Die Empfehlung der Gutachter an den Gemeinderat und den OB lautet deshalb: „Das neue Planetarium sollte in das Wissens- und Mobilitätszentrum auf dem Neckarpark integriert werden. Auf diese Weise sind Synergieeffekte zu erwarten, die die Kosten – wiederum auf zehn Jahre gerechnet – auf 13 bis 15 Millionen Euro begrenzen.“ Für Wolfgang Schuster ist die Konsequenz daraus klar: „Die Verlagerung unseres Planetariums nach Bad Cannstatt ist notwendig, sinnvoll und wirtschaftlich.“

"Technisch hinken wir um Jahre hinterher"

Uwe Lemmer, der Leiter des „Sternentheaters“ im Mittleren Schlossgarten, erklärte am Dienstag: „Für uns lautet die zentrale Frage: Wie überleben wir am Rande einer Großbaustelle? Und erleiden wir quasi eine Art von Kollateralschaden?“ Erschwerend komme hinzu, dass der 2001 neu angeschaffte Projektionsapparat zwar nach wie vor auf dem Stand der Technik sei und mit nach Bad Cannstatt umziehen könnte – nicht aber die technischen Einrichtungen darum herum: „Wir arbeiten mit alten Projektoren, für die es keine Ersatzteile mehr gibt – was die digitale Technik von heute betrifft, so hinken wir um Jahre hinterher.“ Investitionen in die veraltete Technik seien nicht sinnvoll.

Wie geht es weiter? Der Oberbürgermeister geht davon aus, dass die Firma Porsche ihre im Sommer gegebene Zusage einhält, sich als Investor und Träger eines Mobilitäts- und Erlebniszentrums an der Mercedesstraße zu engagieren. Deshalb werde Porsche in allernächster Zeit einen Architektenwettbewerb für drei bis fünf Büros ausschreiben; im März werde dieser Wettbewerb entschieden. Für das eigentliche Planetariumsgebäude, so der OB, werde es danach einen gesonderten Planungswettbewerb geben. Ebenfalls im Frühjahr 2012 müsste der Gemeinderat dann einen Grundsatzbeschluss über die Zukunft des Planetariums fassen.

Verläuft von nun an alles nach Plan, könnte noch im Jahr 2012 mit dem Bau des Wissens- und Erlebniszentrums an der Mercedesstraße begonnen werden. Der Baubeginn für das Planetarium könnte 2013 sein. Im Jahr 2015, so schätzt der Oberbürgermeister, könnte beides eröffnet werden. Für den städtischen Doppelhaushalt 2012/13, der am 16. Dezember verabschiedet wird, spielt das Planetarium allerdings noch keine Rolle.

Das Stuttgarter Sternentheater

Historie Im Mai 1928 wurde das erste Stuttgarter Planetarium im Hindenburgbau gegenüber dem Hauptbahnhof eröffnet. Bei Luftangriffen während des Zweiten Weltkriegs wurde es 1943 völlig zerstört. Arnulf Klett, der Oberbürgermeister des Wiederaufbaus, setzte sich für ein neues Planetarium ein – erlebte aber die Eröffnung im April 1977 nicht mehr. Die Firma Zeiss in Oberkochen hatte der Stadt den damals weltweit modernsten Projektor geschenkt und zusätzlich eine Million D-Mark als Baukostenzuschuss gestiftet.

Gegenwart Jahr für Jahr kommen rund 220.000 Besucher ins Planetarium im Mittleren Schlossgarten. Der jährliche Zuschussbedarf beträgt eine Million Euro, 600.000 Euro erzielt der Betrieb aus eigenen Einnahmen. Von 1977 bis 2008 führte der international renommierte Ulrich Keller das Planetarium, seitdem ist Uwe Lemmer sein Leiter.

Zukunft Wegen der Baustelle für Stuttgart21 gerät das alte Planetarium in Schwierigkeiten, auch seine Technik ist veraltet. Deshalb votiert eine Mehrheit des Rates für den Neuanfang in Cannstatt.