Der traditionsreiche Brunnenbetrieb Überkinger geht in die Insolvenz. Erst vor gut einem Jahr hatten die neuen Eigentümer den Betrieb übernommen.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Bad Überkingen - In Süddeutschland gilt es als „Mutter aller Mineralwässer“. Doch in den vergangenen 30 Jahren ist das Überkinger Mineralwasser unter dem Dach der großen Mineralbrunnen AG gezielt an allen Trends vorbeigesprudelt. Das Ergebnis: kontinuierlich sinkende Umsatzzahlen. Auch die dreiköpfige Investorengruppe, die den traditionsreichen Brunnenbetrieb vor anderthalb Jahren übernommen hatte, konnte das Steuer offenbar nicht herumreißen. Gestern trat das Unternehmen aus Bad Überkingen „wegen drohender Zahlungsunfähigkeit“ den Weg zum Göppinger Insolvenzrichter an. Der größte Gläubiger ist die MinAG, die noch monatelang Serviceleistungen erbrachte.

 

Dennoch soll dies nicht das Ende der Marke Überkinger sein. Eine Planinsolvenz in Eigenverantwortung, also unter Mitwirkung des bisherigen Managements, soll das Unternehmen retten. Das hat die Überkinger Mineralbrunnen GmbH bekanntgegeben. Ziel sei, den traditionsreichen Betrieb am Standort Bad Überkingen in ein sicheres Fahrwasser zu bringen. 40 der 60 Arbeitsplätze sollen bleiben.

Glöckler bleibt allein am Steuer

Der ehemalige Löwenbräu-Manager Rolf Glöckler hatte den Brunnenbetrieb zusammen mit zwei weiteren Investoren zum 1. Januar 2011 für einen niedrigen Millionenbetrag übernommen. Während seine beiden Kollegen nun aus der Geschäftsleitung ausscheiden, soll er als Alleingeschäftsführer die Sanierung umsetzen. Zum vorläufigen Sachwalter sei auf Vorschlag aller Parteien der Ulmer Jurist Professor Martin Hörmann bestellt worden.

Es sei in den vergangenen Monaten gelungen, das monatliche Defizit auf 150 000 Euro zu halbieren, sagte Glöckler. Doch die Gewinnzone blieb außer Reichweite. Trotz mehrerer Geldspritzen der neuen Eigentümer belasteten Verbindlichkeiten von mehr als einer Million Euro das Unternehmen, sagte Nikolaus Röver von der auf Insolvenzen spezialisierten Perspektiv GmbH in München. Er wurde zum Bevollmächtigten der Restrukturierung ernannt.

Das Betriebsgelände ist überdimensioniert

Die Abnabelung vom ehemaligen Mutterkonzern habe sich sehr aufwendig gestaltet, erklärte Glöckler. Der Neustart gelang dadurch nur mit Verzögerung. Die Produktlinie „Das Neue Überkinger“, dessen Wasser aus einer neu erschlossenen und für Säuglingsnahrung geeigneten Quelle stammt, konnte so erst mit Verspätung auf den Markt gebracht werden. Als Belastung habe sich aber auch das überdimensionierte Betriebsgelände erwiesen. Die Abfüllanlage war bei ihrem Neubau in den 80er Jahren für 500 Millionen Füllungen ausgelegt worden. Wegen des Niedergangs der Marke würden heute nur fünf Prozent der Anlage genutzt.

Kritik übte Glöckler in diesem Zusammenhang an der Gemeinde. Es sei in weit geringerem Umfang als erwartet gelungen, Räume an andere Firmen zu vermieten, auch weil die Gemeinde zwar andere Nutzungen zum Teil dulde, aber bisher keine Bereitschaft gezeigt habe, durch eine Änderung des Bebauungsplans Rechtssicherheit zu schaffen. Aus dem Rathaus gab es dazu keine Stellungnahme. Der Bürgermeister Matthias Heim war gestern im Urlaub.