In Stuttgart regiert die städtebauliche Konzeptlosigkeit – das aber mit Methode.

Stuttgart - Jetzt hat mal wieder einer gewagt, einen Vorschlag zu machen. Martin Körner, der Fraktionschef der SPD, spricht sich für das A3-Areal hinter dem Hauptbahnhof als Standort für den seit Langem fälligen Neubau des Linden-Museums aus. Ins Spiel gebracht hat er bei der Gelegenheit auch wieder den Akademiegarten am Charlottenplatz, wo sich die Sozialdemokraten den ebenfalls dringend benötigten Konzertsaal vorstellen könnten. Und was passiert? Es ertönt der übliche Chor der Neinschreier. Geht nicht! Gibt’s nicht! Kein Thema! Ohne uns!

 

Stadtplanung findet in Stuttgart nach dem Mikadoprinzip statt. Wer sich bewegt, hat schon verloren. Seit Jahren das gleiche Spiel: Vorschlag um Vorschlag wird im allgemeinen Meinungshickhack zerschossen und zerredet. Man könnte dieses Nullsummenspiel ja noch unter demokratischem Wettstreit der Positionen verbuchen, wenn es irgendeinen Ansatz von planerischer Vision für die Stadt gäbe. Aber die war und ist nicht in Sicht und wird auch nicht gewollt, schon gar nicht, wenn sie von Bürgern kommt. So wurde vor einigen Wochen der Vorschlag für eine städtebauliche Neuordnung des innerstädtischen Autobahnabschnitts „Kulturmeile“, der eine Verlegung des Katharinenstifts auf ein gegenüberliegendes Grundstück mit einschließt, nicht etwa sachlich diskutiert, sondern vom Tisch gewischt und die Aufbruch-Initiative vom Oberbürgermeister als „Abrissverein“ diffamiert.

Auch den Aufbruch-Vorschlag, einigen auswärtigen, unbefangenen Planungsexperten ein Jahr Zeit zu geben, städtebauliche Ideen für die City zu entwickeln und ihnen erst einmal nicht reinzuquatschen, lehnte Andreas Winter, der kulturpolitische Sprecher der Grünen, ab, weil man die gewählten Volksvertreter doch nicht einfach übergehen könne. Dass Ideen eine Chance erhalten müssen zu reifen, um dann von Politik und Öffentlichkeit mit Blick auf das städtebauliche Ziel auf ihr Für und Wider abgeklopft zu werden – geschenkt. Vor allem die Grünen tun sich, seit sie den Oberbürgermeister und den Baubürgermeister stellen, in diesem heillosen Planungsschlamassel dadurch hervor, keine Idee zu haben, diese aber mit aller Entschiedenheit zu verteidigen.

Jetzt soll es bekanntlich eine Taskforce richten. Und wenn sie schon dabei ist, nach einem Grundstück für die Interimsoper zu fahnden, dann könnte sie doch, findet Andreas Winter, im gleichen Aufwasch noch das Lindenmuseumsproblem miterledigen. Stadtplanung in Stuttgart.