Die Bestseller-Autorin Nadine Schubert erklärt in der Fellbacher Volkshochschule, wie man im Alltag ohne Plastik auskommt.

Rems-Murr: Eva Schäfer (esc)

Fellbach - Plastikflaschen schwappen im Meer, Seevögel verwechseln Plastik mit natürlicher Nahrung und verenden – es sind drastische Bilder, die die Plastikflut unserer Gesellschaft und deren Folgen deutlich machen. Doch wie lassen sich Menschen zu mehr Umweltschutz motivieren? Wie gelingt es, im Alltag nachhaltiger zu leben? Bestseller-Autorin Nadine Schubert, die mit ihrer Familie in einem fränkischen Dorf lebt, hat es probiert und lebt seit sechs Jahren nahezu plastikfrei. Am 25. Oktober ist sie in Fellbach zu Gast.

 

Frau Schubert, wie kann der erste Schritt zur Plastikvermeidung aussehen?

Einfach anfangen! Es ist im Grunde egal, wo. Aber ich denke, dass es am sinnvollsten ist, in der Küche zu beginnen. Zum Beispiel keine Milch mehr in Tetrapacks zu kaufen, sondern Glasflaschen zu wählen. Tetrapack besteht aus vier Schichten und kann kaum recycelt werden. Außerdem rate ich, offene Produkte zu kaufen. Obst und Gemüse regional und nach Saison. Eine Salatgurke aus Spanien überlebt die lange Transportstrecke nicht, ohne eingeschweißt zu sein. Und Produkte am Stück wie etwa Seife sparen flüssiges Plastik.

Und wenn es doch nicht so einfach geht und man es im Alltag nicht schafft?

Wir leben jetzt seit sechs Jahren ohne Plastik, und das funktioniert wunderbar. Natürlich geht das nicht von heute auf morgen. Es geht am besten Schritt für Schritt, sonst überfordert man sich unnötig. Wo kriege ich was? – um diese Frage geht es immer wieder. Am besten, man geht in das gewohnte Geschäft vor der Haustüre und schaut sich da um. Man muss in kein Spezialgeschäft.

Inzwischen reagieren auch Supermärkte darauf und bieten an, seine Tupperdose etwa an der Fleisch- oder Käsetheke mitzubringen. Ist das für Sie ein Erfolg?

Klar, der Druck steigt. Als ich 2013 angefangen habe, Plastik zu vermeiden, gab es noch keinen Blog. Inzwischen ist das eine Bewegung geworden, es ist viel ins Rollen gekommen und so auch ein Druck auf Händler entstanden, etwas zu verändern.

Sie sagen, mein Einkaufszettel ist mein Stimmzettel. Dennoch, wo sehen Sie die Politik gefordert?

Ich fordere die Politik auf, nicht nur zu reden, sondern auch zu handeln. Lösungen dürfen dem einen oder anderen auch wehtun. So sollte beispielsweise Mikroplastik in Körperpflegemittel verboten werden. Außerdem wäre es dringlich, in Europa ein einheitliches Pfandsystem einzuführen. Einweg sollte der Vergangenheit angehören. Es ist absurd, dass in Deutschland mehr Verpackungen produziert werden als je zuvor. 2017 wurden in Deutschland laut Zahlen der Verpackungsbranche knapp 4,4 Millionen Tonnen Kunststoffverpackungen produziert, knapp 100 000 Tonnen mehr als im Vorjahr.

Bei Ihrem letzten Vortrag in Fellbach kamen so viele Zuhörer, dass der Raum aus den Nähten platzte. Was erwartet die Zuhörer dieses Mal in Fellbach?

Ich werde für alle viele einfache Tipps geben, wie jeder sofort Plastik sparen kann und der gelbe Sack um 50 bis 70 Prozent schrumpft. Das sind Tipps, die jeder umsetzen kann. Niemand muss deswegen in ein Baumhaus ziehen.

Sie betonen auf Ihrer Internetseite, dass Sie eine „ganz normale Familie“ sind – weder auf einem Aussiedlerhof wohnen noch Selbstversorger sind. Ist das ein Klischee, auf das Sie immer wieder stoßen?

Viele Leute haben noch angestaubte Vorstellungen von einem nachhaltigen Lebensstil. Im Gegenteil: Die neuen Ökos sind schick und modern.

Wenn Sie auf Plastik verzichten, dann hat der nachhaltigere Lebensstil sicher auch Auswirkungen auf andere Bereiche in Ihrem Alltag oder?

Ich habe mich von dem Konsumwahnsinn, der hier immer noch propagiert wird, verabschiedet. Wir wissen es doch alle, dass Näherinnen in Indien es mit ihrem Hungerlohn bezahlen, dass wir laufend billige Klamotten kaufen. Wir wissen, was Massentierhaltung bedeutet. Faire Kleidung muss nicht teuer sein.

Was ist aus Ihrer Sicht der unnötigste Gegenstand aus Plastik?

Neulich habe ich einem Automaten eine Coladose gesehen, die in einer Plastikschale eingeschweißt ist.

Auf welchen haben Sie am schwersten verzichtet?

Auf die Klobürste. Ich habe nun eine mit Silikonborsten, das ist leider auch Plastik, aber die halten länger.

Kommt es noch vor, dass Sie zu einer Veranstaltung oder einem Fest eingeladen sind, bei dem Plastikgeschirr verwendet wird?

Ja, beispielsweise bei einem runden Geburtstag, da gab es Wegwerfgeschirr. Es gibt Menschen in meinem persönlichen Umfeld, die haben ihr Leben verändert. Aber es gibt auch welche, die machen alles wie bisher und möchten über Veränderungen nicht nachdenken.