Gegen den landläufigen Trend eröffnet Lisa Hobelsberger im kommenden Januar in Plattenhardt eine Hebammenpraxis. Es ist schon ihre zweite. Die Nachfrage ist gewaltig.

Plattenhardt - Die Schwangerschaft und die Geburt eines Kindes sind für Lisa Hobelsberger Wunder. Da ist es leicht nachvollziehbar, dass die Frau mithelfen will, dass diese Wunder auch wunderbar sind und nicht zu einer Belastung für die Familie werden. Hobelsberger ist Kinderkrankenschwester und Hebamme – „weil ich diesen Beruf schon immer interessant fand und weil man für seinen Einsatz so viel zurückbekommt“, wie sie sagt.

 

Immer wieder war in den vergangenen Jahren zu lesen, dass freiberufliche Hebammen ihre Arbeit aufgeben, ja aufgeben müssen. Die Kosten für die Versicherung sind in die Höhe geschnellt, was auch Hobelsberger bestätigt. Allerdings trifft es sie nicht so hart wie manche ihrer Kolleginnen. Und das hat einen Grund. „Wir bieten keine Geburtshilfe an, sondern kümmern uns um die Zeit vom Schwangerschaftstest bis hin zum Wochenbett und helfen den Familien nach der Geburt auf Wunsch bis zum Ende der Stillzeit aber auch bei Fehlgeburten“, sagt die Hebamme. Das bedeute zwar viel Papierkram, aber die Versicherung sei in diesem Fall nicht so teuer.

Der Papierkram ist enorm

Seit 2012 arbeitet Hobelsberger als freiberufliche Hebamme, hat seit 2014 Angestellte und vor zwei Jahren die Praxis „Meilenstein“ in Neuhausen eröffnet. Und die platzt mittlerweile wegen der rund 30 Mitarbeiter – darunter zwölf Hebammen – aus allen Nähten, weshalb Hobelsberger im Januar eine zweite Praxis eröffnet. „Im Zentrum von Plattenhardt haben wir in einer seit längerer Zeit leer stehenden ehemaligen Apotheke an der Hauptstraße die für unsere Zwecke idealen Räume gefunden, da wir auch viele Frauen aus Filderstadt betreuen“, sagt sie.

Hier werde das Angebot fortgeführt, das es bereits in Neuhausen gebe, also Geburtsvorbereitung, Rückbildungskurse, Yoga für Schwangere oder Babymassage. „Unsere Hebammen können sich völlig auf ihre Arbeit mit den Müttern und Vätern konzentrieren“, sagt Hobelsberger. Der Papierkram, der in den vergangenen Jahren stark zugenommen habe, die sich ständig ändernden Vorschriften sowie die zunehmend kompliziertere Abrechnung würden von den Büromitarbeitern erledigt. „Dieser ganze Verwaltungsaufwand“, kritisiert Hobelsberger, „hat neben der Versicherungsproblematik mit dazu geführt, dass immer mehr Hebammen ihren Job aufgaben.“

Hebammen – begehrt, aber schlecht bezahlt

Rund 600 Stuttgarterinnen, die dieses Jahr ein Kind bekommen haben, haben keine Hebamme für die Nachsorge gefunden. Das belegt eine aktuelle Statistik, die der Hebammenverband finanziert. Deren Zahlen offenbaren, dass es in der Landeshauptstadt zu wenige freiberufliche Hebammen gibt für den Bedarf. Der Beruf ist für viele wegen der unregelmäßigen Arbeitszeiten und der mäßigen Entlohnung unattraktiv.

Die Akademisierung der Ausbildung soll nun Abhilfe schaffen. - Die Große Koalition diskutiert über die geplante Reform der Ausbildung von Hebammen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hält ein duales Studium für sinnvoll, denn die Anforderungen an die Geburtshilfe stiegen ständig. Der Hebammenverband begrüßt den Vorstoß. Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, die Hebammen-Ausbildung nach EU-Vorgaben als akademischen Beruf umzusetzen.