Reportage: Frank Buchmeier (buc)


Der Clip soll an Jessica Simpson und Paris Hilton erinnern


"Jetzt tun wir mal so, als wenn ihr gerade ankommt." Also schleppen Mia Gray, ihr Lebenspartner und ihre Cousine Koffer an Zapfsäulen vorbei und beantworten nebenher die Fragen des RTL-Manns. Wie habt ihr euch auf den heutigen Tag vorbereitet? "Die Mädels haben extra eine Diät gemacht, damit sie so aussehen, wie sie aussehen sollen", antwortet Oliver Burghart, "sogar eine kleine Fettabsaugung." Wie viel Sex wird es in dem Video geben? "Es wird schon sexy", antwortet Mia Gray, "aber nicht zu krass." Als das Interview im Kasten ist, strecken sich alle lässig die Hände entgegen, und der RTL-Mann jubelt: "Das wird geil, das wird auf jeden Fall geil!"

Drinnen in der Halle, wo normalerweise Autos eingewachst werden, denkt derweil der Ludwigsburger Jungregisseur Milos Savic darüber nach, wie man ein geiles Musikvideo inszeniert. "Wir werden eine krasse Stimmung verbreiten", sagt Savic. Der Clip soll an die amerikanischen Glamourgirls Jessica Simpson und Paris Hilton erinnern, die bekanntermaßen auch schon mal in einer Waschanlage geträllert haben. Folgende Handlung ist vorgesehen: Die Mädels kommen zu Mr. Wash gefahren, wo bereits zwei waschbrettbäuchige Boys an einer Karre rumschrubben. Männlein und Weiblein kommen sich näher, seifen sich gegenseitig ein, und es spritzt der Schaum. Zum Finale tanzen alle feucht und fröhlich durch die Waschstraße. Doch noch fehlt das passende Fahrzeug.

Mit etwas Verspätung erscheint René Weller in seiner roten Corvette. Weller ist ein Boxer aus Pforzheim, der erst die Europameisterschaft gewann, dann wegen Drogenhandels im Knast landete und heute noch immer den benzinfressenden Achtzylinder-Schlitten besitzt, den er am 24. März 1988 erstmals zugelassen hat. "Das Teil läuft locker 270", sagt Weller, der gerne etwas übertreibt. Eine Hilfskraft der Filmfirma "Los Banditos" schraubt geschwind das Nummernschild von der Corvette ab: ein Pforzheimer Kennzeichen würde in einer für den globalen Markt vorgesehenen Produktion zu provinziell wirken.

Der Jungregisseur Savic ruft: "Können wir endlich anfangen?" Nöö, denn die Mädels sind noch nicht so weit. In dem Aufenthaltsraum, wo sich wochentags das Mr.-Wash-Personal vom Dampfstrahlen und Handwachsen erholt, wühlt Mia Gray in einem Haufen aus knapp geschnittener Kleidung und hochhackigem Schuhwerk. Trotz der enormen Auswahl ist offenbar nicht das Gewünschte dabei. "Das Oberteil passt nicht", jammert Mia Gray. Zu klein. Nächstes Outfit: "Ich seh scheiße aus!" - "Du siehst überhaupt nicht scheiße aus", beruhigt sie der Manager und Lebensgefährte Burghart. Vor dem Auftritt wird Mia Grays eurasische Samthaut mit einem Spray bestäubt, einer Art künstlichem Schweiß. Dadurch soll sie noch erotischer wirken.

Kamera läuft, Windmaschine auch. "Musik! Und bitte, Mia!", ruft der Jungregisseur Savic. Aus dem Ghettoblaster schallt das Playback: "Boys, boys, boys/I'm looking for a good time/Boys, boys, boys/Get ready for my love." Mia Gray bewegt die Lippen wie ein Fisch, dreht sich um, beugt sich in Wildkatzenposition vor, wackelt mit dem Hintern, signalisiert nonverbal: Ich bin ein fleischgewordener Männertraum!