Happy Birthday, Playmobil! Die kleinen Plastikfiguren sind seit 40 Jahren ein deutscher Exportschlager. Die StZ erzählt die Erfolgsgeschichte. Außerdem verraten Redakteure, welches Playmobilspiel das tollste ist – nicht für Kinder.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Nürnberg - Rund um Deutschlands erfolgreichsten Spielwarenhersteller Playmobil lassen sich viele Geschichten erzählen. Etwa die, wie der fränkische Fabrikant Horst Brandstätter in den siebziger Jahren mit drei kleinen Plastikmännchen im Gepäck zur Spielwarenmesse nach Nürnberg fuhr und vierzig Jahre später nicht mehr weit davon entfernt ist, die Marke von drei Milliarden verkauften Figuren zu knacken. Oder dass Brandstätter noch mit 80 Jahren jeden Vormittag in sein Büro in Zirndorf geht, um die Geschicke der Geobra Brandstätter GmbH mitzulenken. Die Nachmittage verbringt der Playmobil-Patriarch allerdings lieber auf dem Golfplatz. Selbst wenn er in Florida überwintert, steht er ständig in Kontakt mit Andrea Schauer in Zirndorf, die seit dem Jahr 2000 Geschäftsführerin des Unternehmens ist. „Ich lasse mir doch mein Spielzeug nicht wegnehmen“, entgegnet Mister Playmobil auf die unvermeidliche Frage nach dem Ruhestand.

 

Brandstätter und der Chefentwickler Hans Beck haben vor 40 Jahren aus der Not heraus eine Welt geschaffen, die heute aus fast keinem Kinderzimmer mehr wegzudenken ist. Angefangen hat alles mit einem Indianer, einem Ritter und einem Bauarbeiter, die der Unternehmer 1974 in Nürnberg der Öffentlichkeit präsentierte. Der stille Tüftler Beck hatte die siebeneinhalb Zentimeter großen Männchen mit den beweglichen Armen und Beinen, der Helmfrisur und dem freundlichen, aber nasenlosen Gesicht erfunden. Im Zuge der weltweiten Ölkrise waren die Kunststoffpreise zu Beginn der siebziger Jahre um das Sechsfache in die Höhe geschossen. Damit Produktionskosten und Verkaufspreise trotzdem im Rahmen blieben, war die Firma gezwungen, auf Produkte umzustellen, die weniger Material verbrauchten als Spielzeugbagger, Traktoren, Wasserski oder Lastwagen.

Die Nummer drei hinter Lego und Mattel

Brandstätters erster Großkunde war ein Holländer. Die deutschen Fachhändler waren anfangs skeptisch, doch dann startete Playmobil einen Siegeszug, der bis    heute andauert. Wenn der Unternehmer in der kommenden Woche wieder zur Spielwarenmesse nach Nürnberg kommt, werden aus den drei Prototypen vom Beginn mehr als 2,7 Milliarden Figuren geworden sein. Der Hersteller erwirtschaftete 2012 einen Umsatz von 590 Millionen Euro und beschäftigt 3700 Personen, davon 2000 in Deutschland, die übrigen in Malta, Tschechien und Spanien. Mehr als die Hälfte der Produkte wird im Ausland abgesetzt. Auf dem deutschen Markt ist Playmobil hinter der dänischen Lego-Gruppe und dem US-Spielwarenkonzern Mattel die Nummer drei.

Weniger bekannt als diese Erfolgsgeschichten ist eine Episode aus der Zeit kurz vor der Geburt von Playmobil. Sie handelt nicht vom schillernden Selfmade-Milliardär Brandstätter, sondern von seinem langjährigen Weggefährten Hans Beck. Bevor der gebürtige Thüringer das Produkt zum Verkauf freigab, testete er es mehrfach in „geheimer Mission“ in seiner alten Heimat, der DDR. So erinnert sich Stephan Sauerbrey, ein Neffe des 2009 gestorbenen Spielzeugmachers, noch heute gern an die Besuche des Onkels aus dem Westen im ostthüringischen Greiz. Wenn der mit seinem Käfer knatternd um die Ecke bog, sei das Auto so voll mit Spielzeug geladen gewesen, als wäre der Onkel der Weihnachtsmann und der VW die Kutsche. Das Testurteil der Ost-Verwandtschaft fiel ebenso positiv aus wie später das der Kunden im Westen.

Es gibt Autos, Schiffe, Schlösser, sogar ganze Städte

Die Firma beauftragte Beck damit, eine komplette Serie zu entwickeln. Bereits im Jahr nach der Markteinführung startete der Export der Figuren ins Ausland. Der gelernte Möbeltischler ließ fortan komplette Lebenswelten im Miniaturformat entstehen, mit Autos, Schiffen, Häusern, Schlössern, Burgen, Landschaften und ganzen Städten. Beck blieb dem Unternehmen noch bis zu seinem Ruhestand 1998 treu und gilt bis heute als Vater von Playmobil. Selbst seine eigene Todesanzeige zierte eine Ritterfigur.

Staunen und spielen – Ausstellung in Speyer

Das Historische Museum der Pfalz in Speyer zeigt eine Sonderausstellung zu 40 Jahren Playmobil. Auf 2000 Quadratmetern Ausstellungsfläche werden unter anderem historische Epochen von der Steinzeit über die Antike bis zum Mittelalter sowie Märchen- und Zirkuswelten nachgestellt. An mehreren Mitmachstationen wie einer urzeitlichen Höhle und einer römischen Galeere dürfen die Besucher auch selbst mit den Figuren spielen. Zehn Sammler zeigen ihre zum Teil beträchtlichen Schätze.Auf welche Weise sich auch bildende Künstler von dem einzigartigen Spielsystem inspirieren lassen, ist ebenso Thema der Ausstellung wie der Wandel des Produktdesigns über die Jahrzehnte. Und wie werden die Figuren überhaupt hergestellt? Die Schau ist bis zum 22. Juni 2014 geöffnet.

Erinnerungen von StZ-Redakteuren: Löschzug als Trostpflaster

Bis die Feuerwehr kommt. Foto: Playmobil
Eine Operation mit knapp drei Jahren ist kein Pappenstiel, das wissen Eltern noch viel besser als ihr Filius. Als am Ende alles glatt ging, schenkte mir mein Vater diesen schicken Löschzug. Die Drehleiter ist ausfahrbar, in den Schubladen steckt allerlei Feuerwehrzubehör, und ganz viele Feuerwehrleute waren auch dabei. Ein Prachtstück jeder Playmobil-Sammlung! Und obwohl das Ganze inzwischen fast dreißig Jahre her ist, liegt das rote Plastikauto immer noch im Schrank. Zwar nur im alten Wohnzimmerschrank, der in meinem als Abstell- und Computerraum genutzten einstigen Kinderzimmer steht, da aber auf einem besonders schönen Platz. Als ich kürzlich mal wieder bei meinen Eltern war, holte ich den Löschzug heraus und erinnerte mich an seine Geschichte. Die Drehleiter funktioniert bis heute. (Jan Georg Plavec)

Campingbus fürs Kind im Mann

Ausflug mit Camper Foto: Playmobil

Ich bin hin und weg. Würde sogar sagen, dass ich selbst im Alter von 47 Jahren so was von scharf auf den Playmobil-Campingbus bin, dass ich oft schon überlegt habe, mir das Ding heimlich zu kaufen. Ich würde es im Keller verstecken und bei sturmfreier Bude herausholen. Es muss der Wahnsinn sein, die vierköpfige Familie mit dem üppigen Campingzubehör im Bus zu verstauen, loszufahren und am Zielort alles wieder auszupacken. Doch leider sind sämtliche Versuche gescheitert, meiner Tochter das Gefährt als Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenk schmackhaft zu machen. Als Geschenk für sie! Ich hätte dann, wo der Camper schon da ist, auch mal mit ihm gespielt. Am 18. September werde ich übrigens 48. Wer mir eine Freude machen will, weiß spätestens jetzt, wie ihm das gelingt. (Dominik Ignée)

Ritterburg von Onkel Ralf

Edle Ritter mit Burg Foto: Playmobil
Mein Patenkind hat ein Piratenschiff, eine imposante Sammlung Dinosaurier, Safarifahrzeuge, einen Kran, Bagger, Krankenwagen, Polizeihubschrauber – und neuerdings auch eine Ritterburg. Von Onkel Ralf zum fünften Geburtstag bekommen. Sie ist ein Juwel, nicht nur wegen ihrer prächtigen Pferde, Aussichtstürme und Kanonen. Die Burg hat auch eine Geschichte, denn schon Onkel Ralf hat auf ihr Gefechte um Leben und Tod ausgetragen. Das war vor dreißig Jahren. Was mich am meisten verblüfft: die Burg ist wie neu. Jeder Baustein robust, kein Ritterärmchen ausgeleiert, keine Farbe verblasst. Sogar die Zackenfrisuren der Figuren sind retro-schick. Jetzt kommt der Haken: Die Burg ist leider nur eine unbefristete Leihgabe. Der alte Onkel hat es nicht übers Herz gebracht, das heilige Stück herzuschenken. (Carolin Leins)

Grinsekatzer im Zirkus

Manege frei! Foto: Playmobil
Katzen können ganz schön fies sein, das habe ich schon als kleines Mädchen gelernt. Damals war ich unsterblich verliebt – in meinen Playmobil-Zirkus. Er war traumhaft, mit orangeroten Sitzbänken, einem gelben Filzdeckchen als Sand in der Manege, Zuschauern und Pferden mit Plastik-Federbüschen auf dem Kopf ausgestattet. Was war ich stolz! Ich verbrachte ganze Abende damit, für jedes Männchen den richtigen Platz auszubaldowern. Und dann der Schock: als ich am Morgen ins Wohnzimmer kam, hatte sich unser Kater seelenruhig in der Manege zusammengerollt und dabei jede einzelne Figur umgeworfen – und ich schwöre, er hat gegrinst. Mein Wutanfall war wohl nicht von schlechten Eltern und ein so prägendes Erlebnis, dass ich mich auch 25 Jahre später noch lebhaft daran erinnern kann. (Rebecca Müller)