Erst vor fünf Jahren hat Christian Metzke mit seiner jetzigen Sportart begonnen – und heute darf er sich bereits deutscher Vizemeister nennen. Zustande gekommen ist dieser Erfolg freilich unter kuriosen Umständen.

Plieningen - Es gibt sicher nicht viele positive Aspekte, die die Corona-Pandemie mit sich gebracht hat. Immerhin aber haben die durch das Virusgeschehen entstandenen Besonderheiten im Sport begünstigt, dass Christian Metzke etwas erreicht hat, das er sich andernfalls wohl selbst in seinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt hätte: Der Plieninger ist deutscher Vizemeister im Gewichtheben. Zugute kam ihm, dass der nationale Verband für die Titelkämpfe der Masters (Seniorenklassen) in Nagold heuer auf die sonst üblichen Qualifikationsnormen verzichtet hat – und dass sich in seiner Kategorie der Teilnehmerandrang in engen Grenzen hielt. Genau gesagt: am Start war außer dem 33-Jährigen dann nur noch ein anderer Akteur.

 

Unter normalen Umständen hätte Metzke eine praktisch unüberwindbare Einstiegshürde vor sich gehabt. In seiner Kategorie, bei den 30-bis 34-Jährigen mit bis zu 73 Kilogramm Körpergewicht, wäre für eine Teilnahme eine Zweikampfleistung von 217 Kilogramm nötig gewesen. Die persönliche Bestmarke Metzkes liegt bei 165 Kilogramm – 75 im Reißen und 90 im Stoßen. In Nagold blieb er zwei Kilogramm unter diesem Wert (73/90) und hatte damit das Nachsehen gegenüber seinem einzigen Konkurrenten, dem Bayreuther Arthur Enns. Jener brachte insgesamt 210 Kilogramm (90/120) in die Höhe.

Radball, Crossfit, Gewichtheben

„In unserer Klasse gibt es auch in normalen Jahren nur selten mehr Teilnehmer, weil die Sportler in unserem Alter zumeist noch bei den Aktiven starten oder aber deutlich mehr Gewicht auf die Waage bringen“, sagt Metzke, der für sein eigenes Mitwirken einige Pfund abgekocht hatte. Erst vor fünf Jahren ist der gelernte Landwirt, der in Harthausen aufgewachsen ist, überhaupt zum Gewichtheben gekommen. Über die Trendsportart Crossfit landete er seinerzeit in der entsprechenden Abteilung beim VfL Sindelfingen. „Ich wollte noch spezieller mit den Gewichten arbeiten als beim Crossfit oder im Fitnessstudio. Und ich merke selbst jetzt noch, dass ich in technischer Hinsicht gerade erst am Anfang stehe, weil es in dieser Sportart so viele Feinheiten gibt, die ich nie gelernt habe“, sagt Metzke. Früher war er auf einer ganz anderen sportlichen Schiene unterwegs: Er spielte Radball beim RV Edelweiß Bonlanden.

Die Beschäftigung mit den Hantelstangen macht dem an der Universität Hohenheim angestellten Wissenschaftler (Fachgebiet: Roggenanbau und Bodenkunde) in seiner Freizeit mittlerweile so viel Spaß, dass er momentan dreimal in der Woche jeweils 90 Minuten lang trainiert. Pro Woche stemmt er rund zehn Tonnen an Gewicht. Kürzlich hat Metzke auch noch den Trainerschein gemacht. „Wir haben ein großes Talent im Verein, das ich schon zu Meisterschaften begleitet habe. Ich möchte aber auch Anfängern bei Kindern und Jugendlichen das Interesse an unserer tollen Sportart vermitteln, die in Deutschland ein ganz großes Nachwuchsproblem hat“, sagt der Plieninger.

Bereits den eigenen Trainer besiegt

Metzke selbst hat bei den Masters bereits mehrere baden-württembergische Meistertitel gewonnen und dabei sogar seinen eigenen Trainer Sebastian Pawlik bezwungen. Daneben geht er auch für das Sindelfinger Landesliga-Männerteam an den Start. Letzteres hat in der noch jungen Saison das bislang einzige Duell gegen den SV Fellbach verloren. Bis Ende März folgen noch weitere sechs Wettkampftage, der nächste am 15. Januar zuhause gegen den GV Eisenbach.

Um Bestleistungen abzurufen, bräuchte es eigentlich einen anderen zeitlichen Rhythmus, weiß Metzke. „Normalerweise benötigt man nach einem Auftritt etwa zwei Monate, um wieder bei 100 Prozent zu sein und neue Werte oben drauf zu packen“, sagt er. International stehen im August 2022 die Europameisterschaften der Masters-Gewichtheber im polnischen Raszyn auf dem Programm – und vier Monate später die WM in Orlando/Florida. Grundsätzlich hätte der neue deutsche Vizemeister nichts gegen eine Teilnahme auch an solchen Vergleichen mit den Allerbesten. Es gibt nur ein Problem: In diesen Fällen bleibt es bei den gehabten Qualifikationskriterien. Und die sind noch um einiges höher als bei einer deutschen Meisterschaft. „Auf absehbare Zeit ist das für mich utopisch“, sagt Christian Metzke.