Wenn aus Äckern Bauland wird, müssen private Eigner 20 Prozent der Fläche als Sozialbeitrag der Stadt Esslingen zu einem Sonderpreis zur Verfügung stellen. Dieser wird nun neu berechnet.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Es ist so etwas wie ein Lottogewinn: Wenn aus bisher als Grünflächen oder Ackerland ausgewiesenen Flächen plötzlich Bauland wird, können sich die Besitzer über einen warmen Geldregen freuen. In Esslingen wird dieser in Zukunft sogar noch ein bisschen intensiver ausfallen als bisher. Denn der Gemeinderat hat jetzt eine aus Sicht der Grundstücksbesitzer äußerst erfreuliche Neuregelung beschlossen.

 

Das habe, so betonen die Verantwortlichen der Stadt, nichts damit zu tun, dass man ein besonders großes Herz für die Stücklesbesitzer habe. Vielmehr wolle man mit der nun mehrheitlich getroffenen Entscheidung möglichen Klagen und daraus resultierenden Prozessen vorbeugen. Denn die bisher in Esslingen praktizierte Lösung entspreche nicht mehr der aktuellen Gesetzeslage.

30 Prozent gehen kostenlos an die Stadt

Wie in den meisten Städten in Deutschland ist es auch in Esslingen gängige Praxis, dass nur dann neue Baugebiete ausgewiesen werden, wenn sich die privaten Grundstückseigentümer an der Entwicklung beteiligen. Das geschieht in Form einer Baulandumlegung: Die Grundstücksinhaber müssen 30 Prozent der Fläche kostenlos an die Städte abtreten, damit diese Straßen, Wege, Plätze oder Grünanlagen bauen können.

Darüber hinaus können Städte nach dem sogenannten Stuttgarter Modell weitere 20 Prozent des Grundstücks als „Sozialbeitrag“ fordern und für diesen einen vergleichsweise niedrigen Preis zahlen. Möglich ist das aber nur, wenn die Stadt auf diesen 20 Prozent sogenannte „bodenpolitische Interessen“ verfolgt, sprich den sozialen Wohnungsbau fördert. Das tut Esslingen schon seit 1970. Diese Flächen haben aber seit der Schaffung des Esslinger Wohnraumversorgungskonzepts vor wenigen Jahren noch einmal an Bedeutung gewonnen.

Bisher zahlte die Stadt 128 Euro pro Quadratmeter

Bisher hat Esslingen die Besitzer für diesen 20-prozentigen Sozialbeitrag mit 128 Euro pro Quadratmeter entschädigt. Der bisher gezahlte Preis geht dabei auf das Jahr 1990 zurück. Damals hatte der Gemeinderat beschlossen, den Eigentümern des neuen Wohngebiets Kehrer im Stadtteil Berkheim pro Quadratmeter 250 DM, also 128 Euro zu bezahlen. Seither hatte die Stadt trotz explodierender Grundstückspreise an diesen 128 Euro festgehalten.

Bei der Überprüfung dieser Praxis war die Stadt zu der Erkenntnis gelangt, dass dieser Betrag dem rechtlichen Gebot der Angemessenheit nicht mehr entspreche und deshalb juristisch angreifbar sei.

Geplant ist eine dynamische Anpassung

Stattdessen gibt es jetzt eine dynamische Anpassung der Entschädigungszahlungen an die tatsächliche Grundstückspreisentwicklung. Als Basis dient der sogenannte Bodenrichtwert, also der Wert, der aktuell in dem jeweiligen Baugebiet gezahlt wird. Der Ankaufspreis der Stadt beträgt 25 Prozent dieses Wertes: Beträgt der Bodenrichtwert also 700 Euro pro Quadratmeter – das ist in Esslingen keine Seltenheit – bekommt der private Besitzer für 20 Prozent seiner Fläche 175 Euro pro Quadratmeter.

Beteiligen müssen sich die Besitzer – wie überall – darüber hinaus an den Kosten für städtebauliche Planungen, Wettbewerbe und den Bebauungsplan, für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen und die Erschließungskosten für Straßen und öffentliche Plätze. Dennoch: Am Ende profitieren Grundstücksbesitzer in jedem Fall von der Umwandlung ihrer Grünflächen in Bauland. „Die jetzt gefundenen Lösung stellt eine einheitliche und nachvollziehbare Regelung für die beteiligten Grundstückseigentümer dar“, betont der Esslinger Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht in einer Stellungnahme.