Die Gemeinde Plüderhausen ist 2613 Hektar groß, davon sind 1904 Hektar Wald, also rund 73 Prozent. Ein Teil der Waldfläche gehört zum Revier von Förster Julian Schmitt. Wir waren mit ihm im Wald auf Tour.
Ginge es nach Revierleiter Julian Schmitt, dann verbrächte er wohl die meiste seiner Arbeitszeit in der Natur statt am Schreibtisch. Doch Büro muss sein. Zu den Aufgaben des Revierförsters gehört eben auch die Papierarbeit. Das bedeutet Forstpläne erstellen, Bestandsdaten pflegen, Aufforstungen oder Holzeinschlag planen, Genehmigungen beantragen, Förderanträge stellen, Berichte über den Waldzustand schreiben, Forstmaßnahmen konzipieren und sich mit Behörden und Grundstückseigentümern abstimmen.
Forstplanung, Fördermittel und mehr
Darüber hinaus gibt es die Budgetplanung, Kostenkontrolle und Abrechnung von Forstprojekten und Holzverkauf, um nur einige Beispiele zu nennen. Und auch die Öffentlichkeit will informiert sein, also dürfen die zahlreichen Bürgeranfragen nicht vergessen werden. „Früher waren wir die meiste Zeit im Wald, mittlerweile hat es schon deutlich zugenommen“, sagt Julian Schmitt, der für den Kommunalwald in Schorndorf und Plüderhausen zuständig ist. Etwa die Hälfte seiner Arbeitszeit verbringe er im Büro. „Es gibt viele Sachen, die ich gerne mache, wie etwa die Forstplanung. Aber manches kommt mir auch vor wie der Kampf gegen Windmühlen, etwa wenn man Fördermittel beantragen muss.“
Förster analysieren den Wald
Die Zeit im Wald genießt Schmitt um so mehr. Und davon gibt es in Plüderhausen reichlich. Wenngleich der Löwenanteil Staatswald ist, um den sich seine Kollegen von ForstBW kümmern, sind die Aufgaben und Probleme, mit denen die Förster konfrontiert sind, ähnlich. Zum einen der nötige Waldumbau durch den Klimawandel, zum anderen der Umgang mit den verschiedenen Nutzergruppen und den Konflikten, die sich daraus ergeben. Aktuell steht beispielsweise die sogenannte Forsteinrichtung an, die man als eine Art Inventur bezeichnen könnte – die Förster analysieren den Wald detailliert, erfassen, welche Baumarten vorkommen, wie alt die Bäume sind, und welchen Zustand der Wald insgesamt hat. „Auf Basis dieser Informationen erstellen wir einen langfristigen Plan, der festlegt, welche Maßnahmen in den kommenden zehn Jahren durchgeführt werden sollen“, erklärt Schmitt. Dazu gehöre zum Beispiel die Entscheidung, welche Bäume gefällt werden können, um Platz für jüngere Pflanzen zu schaffen, oder wo neue Bäume gepflanzt werden sollten, um den Wald gesund zu halten. Auch der Schutz von Lebensräumen für Tiere spielt eine wichtige Rolle, ebenso wie die Erhaltung von Wegen und Erholungsgebieten für Menschen. „Das große Thema ist, welche Bäume in Zukunft noch in den Wald passen.“ Fichten und Kiefern sind besonders betroffen und leiden etwa unter dem Befall des Borkenkäfers. Aber auch Laubbäume kommen mit dem Klimawandel schlechter zurecht als andere: „Die Buche war früher noch favorisiert, aber auf lange Sicht ist auch diese Baumart nicht mehr so gewünscht, weil sie massiv Probleme bekommen hat“, erklärt Schmitt. „Wir haben noch nie erlebt, dass der Boden so massiv trocken ist und die Buchen so große Schäden durch die Dürre nehmen.“ Die Krone sterbe von oben ab, werde immer lichter. „Das ist wie eine Embolie in den Leitungsbahnen – der Wasserstrom von der Wurzel nach oben wird durch die Trockenheit unterbrochen und reißt dann ab.“ Der Baum könne das nicht mehr revitalisieren und müsse unter Umständen gefällt werden. „Es gibt ausgewiesene Waldrefugien, die überlassen wir sich selbst und da können diese Bäume auch stehen bleiben, aber wo es eine Verkehrssicherungspflicht gibt, da müssen die ohne Wenn und Aber weg.“ Sofern im Wald ausreichend Habitatgruppen eingerichtet und Naturschutzaspekte erfüllt seien, achte man darauf, dass Bäume auch rechtzeitig geholt und verkauft werden, um den Wert zu sichern, sagt der Förster.
Große Trockenschäden im Forst
„Macht man nichts, dann treten von oben Pilze und andere Organismen ein und beeinträchtigen die Holzqualität“, sagt Schmitt. Je länger so ein kranker Baum stehe, umso schlechter werde es. Seit der großen Trockenheit 2018 mehrten sich die Schäden. „Ich habe seitdem schon Buchen angesägt, da ist die Schnittstelle zunächst weiß, man denkt, man hat die Qualität gerettet, aber nach ein paar Tagen sägt man den liegenden Baum in Teile und dann kommt aus dem Kern eine richtig schwarze Schleimbrühe raus.“
Flächendeckende Waldschäden hielten sich im Plüderhäuser Kommunalwald noch in Grenzen. Dennoch sei der Umbau des Waldes generell ein großes Thema. Douglasien, Elsbeeren, Esskastanien und Eichen gelten als relativ klimastabil, sie wurden in den vergangenen Jahren stellenweise aufgeforstet, dies sei aber nur partiell möglich und mit deutlich höheren Kosten verbunden als bei der Naturverjüngung, bei der natürlicher Nachwuchs gefördert wird. Die Bestände an Nadelhölzern würden in den kommenden Jahren auf jeden Fall deutlich abnehmen. Das Bild des Waldes werde sich ändern. Dennoch werde kein Baum willkürlich gefällt. „Hinter jedem Baum, den wir fällen, steht ein langer Entscheidungsprozess, der im Hintergrund läuft und den die Bürger gar nicht wahrnehmen“, betont Schmitt, „Wir Förster machen nicht einfach, was wir wollen.“
Oberstes Ziel: Wald erhalten
Umso wichtiger sei es, dass man die Öffentlichkeit über die Entscheidungsprozesse informiere. Schmitt bietet unter anderem immer wieder Bürgerwaldführungen an, um die Menschen über die Themen Klimawandel, Holzernte, Waldumbau und anderes zu informieren, dazu gehörte auch ein Pilotprojekt zur Bürgerbeteiligung, dass er im Nachbarrevier Schorndorf, für das er auch zuständig ist, durchgeführt hat. Die Erfahrungen waren durchweg positiv: „Wenn die Leute nachvollziehen können, was uns beschäftigt und welche Entscheidungen wir Förster warum treffen, dann wächst bei ihnen auch das Verständnis für unsere Arbeit.“ Und schlussendlich gehe es ja in allen Fällen um ein und dasselbe Ziel: nämlich den Wald zu erhalten, um dort möglichst schöne Zeit zu verbringen – wenn man nicht gerade im Büro sein muss.
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