Ähnlichkeiten mit Aufstieg und Fall des Karl-Theodor zu Guttenberg sind beabsichtigt. Sat 1 zeigt am Dienstag die Politsatire „Der Minister“. Es brillieren Kai Schumann als Herr zu Donnersberg und Katharina Thalbach als Frau Bundeskanzlerin Angela Murkel.

Stuttgart - Den Film „Der Minister“ muss man schon deshalb schätzen, weil Politsatiren außerhalb des Kabaretts bei uns sehr selten sind. Abgesehen vom Klamaukfilm „Horst Schlämmer – Isch kandidiere!“ scheinen Sender und Produzenten große Furcht zu haben, sich an Geschichten über das Zentrum der Macht die Finger zu verbrennen, erst recht, seit der Zuspruch zur ZDF-Serie „Kanzleramt“ im Jahr 2005 weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Politstoffe haben in aller Regel nur dann eine Chance, wenn es um Zeitgeschichte geht, die bereits als Historie gilt.

 

Die Ereignisse rund um Karl-Theodor zu Guttenberg sind dagegen noch in bester Erinnerung. Sein Rücktritt liegt gerade zwei Jahre zurück, weshalb die Autorin Dorothee Schön in ihrer Satire „Der Minister“ nicht alles erklären muss. Oft genügen Andeutungen, zumal die meisten Zuschauer die authentischen Bilder noch im Kopf haben. Eben deshalb bereitet die Teamworx-Produktion großes Vergnügen: Guttenbergs Karriere war derart eng mit der medialen Aufmerksamkeit verknüpft, dass viele seiner Auftritte ins kollektive Bewusstsein eingebrannt sind. Der Regisseur Uwe Janson musste seinen formidablen Hauptdarsteller Kai Schumann, der hier Franz Ferdinand zu Donnersberg heißt, also bloß in entsprechender Pose auf den Times Square in New York stellen – und der Rest funktionierte ganz von selbst.

Drexel, der Minister-Flüsterer

Die Rolle dürfte den endgültigen Durchbruch des fünf Jahre lang am Staatstheater Stuttgart engagierten Schauspielers bedeuten. Schumann, der keinen Hehl daraus macht, politisch in ziemlich jeder Hinsicht das Gegenteil der Haltung Guttenbergs zu vertreten, hat nie verstanden, „wie ein Mann bar jeder Qualifikation zum Minister  gemacht und zum Popstar aufgebauscht“ werden konnte. Großes Lob zollt er dem Drehbuch der in Ravensburg lebenden Autorin. Während Dorothee Schön ihre Arbeit mit Hans Christian Andersens Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ vergleicht, sieht Schumann Parallelen zu Nikolai Gogols Theaterkomödie „Der Revisor“ oder zu klassischen griechischen Tragödien: „Nur die Katharsis fehlt, wie beim echten Minister auch.“ Davon abgesehen betrachtet er den Film als Parabel auf den herrschenden Zeitgeist: „Wir leben in einer Verpackungsgesellschaft, in der das Äußere zählt.“

Ähnlich treffend besetzt wie Kai Schumann ist Thomas Heinze als „Bild“-Chef Kai Diekmann, der hier Jan Breitmann heißt. Seine Postille heißt „Blitz-Kurier“ und hat maßgeblichen Anteil am Erfolg von Donnersberg, denn die unglaubliche Geschichte von Aufstieg und Fall eines Polit-popstars ist selbstredend der Kern der Komödie. Um die rasante Karriere zu erklären, hat Schön, die für Filme wie „Frau Böhm sagt nein“ und „Der letzte schöne Tag“ vielfach ausgezeichnet worden ist, einen Strippenzieher erfunden: Schon zu Schulzeiten pflegte der Adelsspross fleißig bei Max Drexel (Johann von Bülow) abzuschreiben. Drexel ist zwar ein brillanter Kopf, aber bei öffentlichen Auftritten äußerst gehemmt. Also wird er wie Cyrano de Bergerac zum Einflüsterer seines Freundes Donnersberg, der sich zwar erlesen auszudrücken weiß, dabei aber nur heiße Luft produziert. „Donni“ avanciert zum Liebling der Massen. Klar, dass Max ihm auch die Doktorarbeit schreibt.

Angela Murkel ist der heimliche Star

Die Idee mit dem „Ghostwriter“ ist Fiktion, der Rest ist Realität, und die war im Grunde schon derart satirisch, dass Schön sie nur ein bisschen zuspitzen musste. Kurzweiliger als die pointierten Dialoge und die Vielzahl amüsanter Details, etwa Seehofers Modelleisenbahn, sind nur noch die Bosheiten am Rande, wenn beispielsweise die Gattin Viktoria um jeden Preis eine eigene Karriere machen will und sich bei der Chefredakteursfrau Karin abschaut, was in den Medien am besten funktioniert. Alexandra Neldel spielt diese vergleichsweise kleine Rolle außerordentlich gut. Etwas zu viel Platz räumt das Drehbuch dagegen dem Eheleben von Max Drexel ein: Seiner Frau Lisa (Stefanie Stappenbeck) missfällt es gewaltig, das Max sein Leben voll und ganz Donnis Bedürfnissen unterordnet. Andererseits ist diese Beziehungskrise der Anfang des unaufhaltsamen Abstiegs von Franz Ferdinand zu Donnersberg.

Doch bei allem Respekt für die tolle Leistung von Kai Schumann und die Körperspannung, mit der er „Donni“ versieht: Heimlicher Star des „Ministers“ ist Katharina Thalbach als Angela Murkel. Sie hat die mit Abstand besten Dialoge, stattet die Kanzlerin mit liebenswerten Marotten aus und sorgt bei den Ausflügen in die heimische Uckermark zum Gatten (Peter Prager) mehrfach für erstaunliche und äußerst vergnügliche Einblicke ins Privatleben der mächtigsten Frau der Welt, zumal der Regisseur Uwe Janson diese Augenblicke mit lässiger Beiläufigkeit inszeniert hat.