Die mögliche Brombeer-Koalition in Thüringen hat eine wichtige Hürde genommen und sich in der Friedensfrage geeinigt. Kritik daran kam prompt. Dennoch gehen CDU, BSW und SPD den nächsten Schritt.

Die Landesspitzen von CDU, BSW und SPD haben sich in Thüringen zu einem ersten Gespräch zur Regierungsbildung getroffen. In dem etwa zweistündigen Arbeitstreffen sei es unter anderem um die Besetzung von Arbeitsgruppen und den Zeitplan gegangen, sagte ein Sprecher der Thüringer CDU-Landtagsfraktion. Konkretes werde erst bekanntgegeben, wenn es zu den Themen Klarheit gebe. Damit ist auf dem Weg zu einer möglichen Brombeer-Koalition im Freistaat eine weitere Hürde genommen. 

 

Insgesamt sind sieben Verhandlungsgruppen zu Themen wie Wirtschaft oder Migration geplant. Geklärt werden muss unter anderem, welche Partei in den Gruppen jeweils den Vorsitz hat. Sobald die inhaltlichen Verhandlungen starten, wollen sich die Parteien zwei Wochen Zeit geben. Wann es losgehe, sei noch nicht klar, sagte der CDU-Fraktionssprecher.

Kritik von Sahra Wagenknecht

Am Montag hatten die Verhandler einen Kompromiss in der umstrittenen Friedensfrage präsentiert, also den BSW-Forderungen nach Positionierungen zum Ukraine-Krieg und zur geplanten Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland. Das Ergebnis war bei BSW-Parteigründerin Sahra Wagenknecht auf Kritik gestoßen. Aus ihrer Sicht bleibe der Thüringer Kompromiss hinter dem in Brandenburg gefundenen Übereinkommen zurück, sagte sie mehreren Medien. Das BSW gehe dennoch in Gespräche. 

Auch andere BSW-Bundespolitiker äußerten deutliche Kritik. So forderten der Bundesschatzmeister Ralph Suikat und die Parlamentarische Geschäftsführerin im Bundestag, Jessica Tatti, BSW-Positionen zu Frieden und Corona-Aufarbeitung müssten sich in einer Regierung abbilden. „Ansonsten muss man es sein lassen – und zwar jetzt“, schrieben sie in einem Gastbeitrag beim Nachrichtenportal „t-online“. Die beiden Thüringer Landesparteichefs Katja Wolf und Steffen Schütz seien „auf dem besten Weg, das BSW zu einer Partei zu machen, von der es nicht noch eine braucht“.

Zähe Verhandlungen zu Friedens-Präambel

Die Parteien hatten sich bereits vor über einer Woche auf ein Sondierungspapier mit inhaltlichen Schwerpunkten verständigt. Allerdings hatten der Thüringer BSW-Vorstand und Wagenknecht darauf bestanden, vor Koalitionsverhandlungen eine Friedensformel für die Präambel eines möglichen Koalitionsvertrages zu vereinbaren. Das hatte in den vergangenen Tagen zu zähen Verhandlungen in Erfurt geführt. 

In der nun präsentierten Präambel ist im Vergleich zu einer ähnlichen Einigung von SPD und BSW in Brandenburg unter anderem festgeschrieben, dass die Parteien in der Frage zu Waffenlieferungen an die Ukraine unterschiedlicher Auffassung sind. Außerdem ist darin nicht vermerkt, dass die möglichen Koalitionäre eine Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland ablehnen. Stattdessen heißt es, viele Bürger sähen das kritisch. 

Wagenknecht hatte immer wieder darauf bestanden, dass sich mögliche neue Koalitionsregierungen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg bei einer Beteiligung des BSW gegen die US-Waffenstationierungen in Deutschland positionieren.

Brombeer-Koalition hätte keine Mehrheit im Landtag

Eine Regierung aus CDU, BSW und SPD käme auf 44 von 88 Sitzen im Thüringer Landtag. Sie wäre für Mehrheiten also auf mindestens eine Stimme der Opposition angewiesen, die aus AfD und Linke besteht. Die Brombeer-Parteien hatten bereits klargemacht, dass sie keinen Tolerierungs- oder Duldungsvertrag mit den Linken abschließen wollen. Stattdessen solle es ein Konsultationsverfahren bei Gesetzentwürfen geben. 

Die Co-Vorsitzende der Thüringer Linken, Ulrike Grosse-Röthig, rief insbesondere die SPD auf, noch mal in sich zu gehen, „ob das sogenannte Konsultationsverfahren schon die Krone der Verhandlungskunst und es wert ist, sich auf die Stimme von Björn Höcke zu verlassen“. Höcke ist Landes- und Fraktionschef der vom Landes-Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuften Thüringer AfD. 

Der geschäftsführende Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte in der ntv-Sendung „#beisenherz“ zur Kritik von Wagenknecht an der Einigung: „Das gehört sich nicht.“ Zudem sei er ein Anhänger des Föderalstaats. „Wenn wir jetzt anfangen in den Bundesländern, in die zentralstaatliche Verantwortung einzugreifen, dann wird der Zentralstaat auch zurückgreifen.“