Die staatliche Ausbildungsförderung wird zum kommenden Schul- oder Studienjahr angehoben. Das hat der Bundestag beschlossen. Opposition und Studierendenvertreter fordern weitergehende Reformen.
Bafög-Empfänger sollen schon bald mehr Geld vom Staat bekommen. Die Bedarfssätze steigen zum kommenden Schul- beziehungsweise Studienjahr um fünf Prozent und der Wohnkostenzuschlag wird von 360 auf 380 Euro erhöht. Zudem werden die Elternfreibeträge um 5,25 Prozent angehoben, damit mehr junge Menschen die staatliche Ausbildungsförderung bekommen können. Die Gesamthöhe des gezahlten Bafög hängt von der individuellen Situation ab, der Höchstsatz steigt auf 992 Euro. Eine entsprechende Gesetzesänderung beschloss am Donnerstag der Bundestag. Der Darlehensanteil am Bafög, der später zurückgezahlt werden muss, bleibt demnach bei 10.010 Euro gedeckelt.
Opposition und Studierendenvertreter kritisierten die Anpassungen als zu gering und forderten eine grundlegende Reform. Koalitionspolitiker verteidigten hingegen die dritte Anpassung in dieser Wahlperiode. Es habe mehr Reformen und Erhöhungen gegeben als in den vergangenen Jahrzehnten.
Die nun verabschiedete Bafög-Novelle sieht unter anderem auch eine neue Studienstarthilfe von 1.000 Euro für junge Menschen aus ärmeren Familien vor. Zudem ist für Studierende ein sogenanntes Flexibilitätssemester über die Förderungshöchstdauer hinaus vorgesehen. Ferner wird die Frist für einen Wechsel der Fachrichtung verlängert.
Studierendenwerk fordert mehr Digitalisierung
Aus Sicht des Deutschen Studierendenwerks (DSW) bleibt die Novelle „insgesamt hinter den Erwartungen zurück an eine echte Stärkung und Strukturreform des Bafög“. Es bleibe nun einer neuen Bundesregierung überlassen, die im Koalitionsvertrag der aktuellen Koalition von SPD, Grünen und FDP versprochene echte Bafög-Reform anzugehen, sagte DSW-Chef Matthias Anbuhl. Die nun beschlossenen Erhöhungen der staatlichen Förderung blieben hinter den Orientierungswerten für Elternunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle zurück. 380 Euro monatliche Wohnkostenpauschale reichten in kaum einer deutschen Hochschulstadt aus.
Anbuhl kritisierte - wie auch Unionspolitikerinnen im Bundestag - eine fehlende vollständige Digitalisierung des Bafög-Verfahrens. Die Bafög-Ämter müssten online eingereichte Anträge weiterhin „mühselig ausdrucken, abstempeln und zu einer Papier-Akte abheften“. Die Bundesländer müssten, „am besten in Zusammenarbeit mit dem Bund, die vollständige Digitalisierung des Bafög endlich zügig und flächendeckend vorantreiben“, so der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Studierendenwerks. Unionsabgeordnete bemängelten darüber hinaus eine viel zu lange Bearbeitungszeit von Bafög-Anträgen.
Studierende: Novelle hilft nicht gegen Armut
Auch ein freier Zusammenschluss von Studierendenschaften kritisierte, die Koalition sei trotz mehrerer Anläufe mit ihrem Reformvorhaben in dieser Wahlperiode gescheitert. Die nun beschlossene geringe Erhöhung der Bedarfssätze und Wohnkostenpauschale sei unzureichend und blieben „hinter den realen Bedarfen weit zurück“. Auch die Einführung einer Studienstarthilfe sei unzureichend, da von ihr lediglich drei Prozent aller Studierenden profitieren würden. „Das Bafög in seiner nun beschlossenen Form ist kein ausreichend hilfreiches Instrument im Kampf gegen die zunehmende studentische Armut“, bilanzierte die Referentin des Zusammenschlusses, Rahel Schüssler.
Auf die Erhöhung der Bedarfssätze, Wohnkostenpauschale und der Elternfreibeträge hatte die Koalition sich nach viel Kritik erst in der vergangenen Woche geeinigt. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hatte in ihrem im März vom Kabinett auf den Weg gebrachten Entwurf zunächst eine Nullrunde vorgesehen. Zudem sollte der zurückzuzahlende Darlehensanteil am Bafög erhöht werden.