Dänemark verfrachtet straffällige Ausländer in ein Gefängnis in Kosovo – ein Land, das nicht an das Völkerrecht gebunden ist.

Auf einem kargen Hügel stehen hohe Betonmauern mit Stacheldraht und Wachttürme mit bewaffneten Wärtern, die einen roten Gebäudekomplex umschließen – das Gefängnis nahe der Stadt Gjilan im Osten Kosovos. Hier sollen in zwei Jahren um die 300 in Dänemark straffällig gewordene Ausländer interniert werden, es ist das Prestigeprojekt des dänischen Justizminister Peter Hummelgard, der mit der Einrichtung „ein klares Signal“ an Verbrecher ohne dänischen Pass senden will, dass deren „Zukunft nicht in Dänemark liegt“. Auch sollen so die überfüllten Haftanstalten entlastet werden.

 

Einerseits verfolgt der Sozialdemokrat die strenge Linie, die das Land seit zwanzig Jahren in der Ausländerpolitik fährt. Andererseits muss er glaubhaft machen, dass die Häftlinge in dem Balkanland menschenwürdig behandelt werden. Zu diesem Zweck hatte er kürzlich mit Medienvertretern und der kosovarischen Justizministerin Albulena Haxhiu einen Ortsbesuch inszeniert.

Knast mit „dänischen Standards“

Vor Ort wurden „dänische Standards“ versprochen - die Schießtürme kämen weg, schönere Möbel her sowie eine Spielecke für die Kinder der Insassen, wenn sie mal Besuch bekämen. Auch würde das Gefängnis von einem „Gouverneur“ dänischer Nationalität geleitet, die kosovarischen Wärter müssten zur Umschulung nach Dänemark reisen und Englisch pauken. Hauen dürften sie die Insassen selbstredend nicht mehr.

Kosovo ist nicht Mitglied der Vereinten Nationen und des Europarats und weder an das Völkerrecht im Rahmen der UN-Folterkonvention noch an die Europäische Menschenrechtskonvention gebunden. Menschrechtsorganisationen wie der UN-Ausschuss gegen Folter fordern Dänemark auf, von dem „Abschiebegefängnis“ abzusehen, zumal es Berichte von Misshandlungen in dem Land gibt, dessen Rechtsstatus umstritten ist und das sich von Serbien unabhängig erklärt hat.

Doch in dem skandinavischen Land hat man zuviel investiert, um jetzt noch einzulenken. Seit 2001 befindet sich Kopenhagen in Gesprächen mit Pristina, es folgte ein langes bilaterale Hin- und Her, erst im Mai diesen Jahres stimmte das Parlament in Kosovo der Abmachung zu.

Europäischer Gerichtshof prüft „Ghettogesetz“

Die Entscheidung für Kosovo, die unter Mette Frederiksens erstem Kabinett getroffen wurde, begründet man in Dänemark damit, dass man in das kleine Land vor 25 Jahren dänische Friedenstruppen zur Unterstützung geschickt und dessen Unabhängigkeit als erstes Land weltweit anerkannt habe.

Billig ist das Unterfangen übrigens nicht: umgerechnet fünf Millionen Euro „Anfangsgebühr“ und 15 Millionen Euro jährlich fließen für den Gefängnisbetrieb in den Balkanstaat, zudem wurde ein millionenschweres Entwicklungsabkommen abgeschlossen, welches die kosovarische Regierung zur Bedingung für die Gefängnisvereinbarung gemacht hatte.

Dieses Projekt ist nicht die einzige Kreation der ausländerpolitischen Ideenkiste Dänemarks, die gerade für internationale Kritik sorgt. Am Montag wird der Europäische Gerichtshof in Luxemburg prüfen, ob das sogenannte „Ghettogesetz“ gegen Europäisches Recht verstößt.

Das Gesetz erlaubt es den Kommunen, Zwangsumsiedlungen umzusetzen, wenn in einem Viertel zu viele „Ausländer mit nichtwestlichem Hintergrund“ leben. Der Anwalt Eddie Omar Rosenberg Khawaja, welcher eine Gruppe von Betroffenen des Kopenhagener Viertels Mjölnhagen vertritt, betrachtet das geplante Gesetz als Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres ethnischen Hintergrunds. Ein Urteil wird so schnell nicht erwartet. Bislang haben sich die dänischen Regierungen durch Kritik von außen nicht beeindrucken lassen.