So viele politisch motivierte Straftaten wie im vergangenen Jahr hat das Bundeskriminalamt noch nie erfasst. Sie zeigen klar, wo Deutschland ein Problem hat, meint Rebekka Wiese.

Berliner Büro: Rebekka Wiese (rew)

So viele waren es noch nie. 58 916 politisch motivierte Straftaten zählten Polizeibehörden im Jahr 2022 in Deutschland. Es sind fast doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren.

 

Das ist kein Zufall. Das betonten sowohl Bundesinnenministerin Nancy Faeser als auch Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts, bei der Vorstellung der Fallzahlen. „Die politisch motivierte Kriminalität ist ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Konflikte in unserem Land“, sagte Faeser.

Zwei große Probleme

Wichtig ist nun zu fragen, was sich in den Fallzahlen spiegelt – und vor allem, was sich daraus schließen lässt. Die Antwort fällt erschreckend eindeutig aus. Die Statistik zeigt, dass Deutschland zwei große Probleme hat: Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker – wobei sich beides nicht immer klar trennen lässt. Mehr als 80 Prozent aller politisch motivierten Straftaten in Deutschland fallen auf diese beiden Bereiche zurück.

Wie groß das Ausmaß des Problems ist, scheint in gesellschaftlichen Debatten noch längst nicht angekommen zu sein. Stattdessen ging es immer wieder um die Frage, wie gefährlich denn nun die Aktivistinnen und Aktivisten der Letzten Generation seien. Dabei ist dieses Problem vergleichsweise klein, wie die Fallzahlen nun deutlich zeigen.

Zurück zu den eigentlichen Problemen

Die Debatte muss zurück zu den wesentlichen Problemen. Bei der Politik, die dafür sorgen muss, dass Rechtsextremismus und Verschwörungstheorien in Schulen als Thema behandelt werden und dass Projekte wie das Demokratiefördergesetz nicht als Symbolpolitik, sondern als ernst zu nehmendes Vorhaben betrieben werden. Bei den Strafverfolgungsbehörden, die noch genauer hinsehen müssen. Aber auch bei der Zivilgesellschaft, die über Rechtsextremismus reden und dagegen vorgehen muss – in Talkshows, Bürgerrunden und auch am Stammtisch.